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Samstag, 23. Februar 2008

Nicht das Geld, der Mensch ist wichtig

Fachkräftemangel fordert neue Überlegungen
von Jürgen Rathje
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Kolumne
Schwerin/gc. Politik und Wirtschaft sitzen auch in Mecklenburg-Vorpommern vor einem beindicken Problem. Der vor vielen Jahren angekündigte Fachkräftemangel ist längst Realität geworden, und er beginnt erst, zu wirken. Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielfältig. Zuerst ist zu nennen, dass die von vielen Funktionären in Wirtschaft und Politik gepriesene Dienstleistungsgesellschaft nicht auffangen kann, was die Industriegesellschaft freigesetzt hat. Von 1990 bis heute setzt sich der Trend der Profitmaximierung fort, die personalintensiven Fertigungsstrecken lieber in Billiglohnländer zu verlagern als sie am eigenen Standort zu halten. Ein simples Beispiel, wie sehr dieses Denken selbst in kleinste Einheiten vorgedrungen ist. 
Zum Beispiel brachte eine Altstadt-Werbegemeinschaft es fertig, Plastik-Schlüsselanhänger in Asien zu produzieren und sie nach Deutschland einzuführen. Hiesige Einzelhändler verkauften dann diese Schlüsselanhänger.
Damit wurde zwar nicht ein einziger deutscher Arbeitsplatz geschaffen oder erhalten, und auch die Existenz der Einzelhändler konnte nicht maßgeblich durch die Plastikanhänger gesichert werden, aber der Profit für den Importeur war recht ordentlich. Diese Schlüsselanhänger stehen nur symbolisch für dieses Denken. Den teueren Touareg lässt VW im tschechischen Bratislava zusammenschrauben. Deutsche Arbeitsplätze, Fehlanzeige.
Billigarbeitskräfte in deutschen Pflegeeinrichtungen sind ein anderes Indiz solcher Art ökonomisierter Denkweise. Wer aber in seiner Heimat keine Perspektiven mehr hat, geht weg. In MV haben von 1990 bis 2005 jedes Jahr über 14.000 Menschen das Land verlassen. Das bedeutet, eine Stadt wie Ludwigslust mit rund 12.000 Einwohnern verschwindet innerhalb eines Jahres. Wen wundert es also, wenn die hiesigen Betriebe Probleme haben, Fachkräfte zu finden. Arbeitseinkommen, Arbeitsbedingungen, Familientauglichkeit der Unternehmen – all dies sind Aspekte, die nicht einmal in den Boombranchen des Landes wie dem Tourismus positive Auswirkungen haben.
Das Fatale ist, Dienstleistungen am und für Menschen sind wirtschaftshistorisch immer den produzierenden Bereichen nachgeordnet gewesen. Wo es keine Industrie gibt, können auch Dienstleister nicht überleben. Henry Ford hatte es seinerzeit auf eine kürzere Formel gebracht: „Autos kaufen keine Autos“.

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