von Heiko Wruck
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Glosse
Eigentlich besteht das ganze Leben nur aus Wiederholungen. So ist es für
einen Zweijährigen durchaus eine Leistung, sich einmal nicht in die
Hose gemacht zu haben. Das zu erlenen, ja regelrecht zu trainieren, ist
eine große Herausforderung. Entsprechend positiv reagieren Eltern und
Verwandte, wenn sie nicht mit dem stinkenden Bündel konfrontiert werden.
Nach der kontrollierten Leibesentleerung lernt man auf wackligen Beinen
das Laufen. Jeder Zentimeter des aufrechten Gangs wird überschwenglich
gelobt. Mehr und mehr erlernt man nun das Sprechen. Jedes Wort, und sei
es noch so blödsinnig oder unverständlich, wird förmlich aufgesaugt von
Anerkennung heischenden Eltern. Laufend und sprechend wird nun die Welt
entdeckt. Eine Herausforderung: mehr für und an sich selbst. Ab 13 oder
14 geht es zunehmend um Sex. Der erste Kuss wird mit dem Respekt der
Freunde honoriert. Das erste Mal vielleicht auch ... Das war’s auch
schon. Ab 55 ist es wieder eine Herausforderung, für den geleisteten Sex
nicht bestraft zu werden. Zunehmend wird auch die Sprache stammliger,
die Orientierung in der Welt problematischer, der Gang wackliger. Mit
100 ist es dann auch wieder eine Leistung, einmal nicht in die Hose
gemacht zu haben. Es kommt eben alles wieder, das ganze Leben lang. heiko@wruck.org