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Dienstag, 13. März 2012

Bio-Saatgut vermehren!

9.Wintertagung Agrarbündniss ökologisches Saatgut
Redaktion: Agrarbündnis Mecklenburg-Vorpommern
Dieser Beitrag kann in vollem Umfang kostenlos genutzt werden.
Pressemitteilung
Schwerin/gc. Heute, am 13. März 2012, findet im Güstrower Bürgerhaus, Sonnenplatz 1 von 10  bis 15.30 Uhr die 9. Wintertagung des Agrarbündnisses Mecklenburg-Vorpommern statt zum Thema: „Ökologisches Saatgut züchten, vermehren und handeln“.

Über 100 Züchter, Vermehrer und Händler von ökologischem Saat- und Pflanzgut, Bio-Bauern  und Vertreter der Bio-Anbauverbände sowie der Bio-Beratung sind in die Barlachstadt Güstrow gekommen, um sich heute über den Stand der ökologischen Saatgutzüchtung in Deutschland zu informieren und über Möglichkeiten der Erhaltung alter und seltener Kulturpflanzen sowie über die ökologische Saatgutvermehrung in Mecklenburg-Vorpommern.

Heute Nachmittag präsentieren sich vier interessante und erfolgreiche Beispielbetriebe aus Norddeutschland, die Bio-Getreide bzw. -Gemüse züchten, Bio-Lupinen vermehren bzw.
Obstgehölze veredeln und handeln.

Dr. Burkhard Roloff, Ökolandbauexperte des BUND zur Zielsetzung der landesweiten Fachtagung: „Die Nachfrage nach ökologisch gezüchteten Sorten hat durch die flächenmäßige Ausdehnung des ökologischen Landbaus deutlich zugenommen. Mecklenburg-Vorpommern hat für die Vermehrung ökologischen Saat- und Pflanzgutes sehr günstige Klima- und Boden-Bedingungen. Das betrifft nicht nur, wegen der Gesundlagen, die ökologische Pflanzkartoffel-Vermehrung, sondern auch Getreide und Leguminosen. Trotzdem erfolgt die Vermehrung von ökologischem Saat- und Pflanzgut in Mecklenburg-Vorpommern seit Jahren nur in etwa 30 Bio-Betrieben auf lediglich 1700 Hektar. Das entspricht nur 6,3 Prozent der gesamten Vermehrungsfläche im Land. Die Anzahl der vermehrten Sorten ist ebenfalls rückläufig. Wir wollen durch unsere Tagung bei den interessierten konventionellen und Bio-Bauern Interesse und die Bereitschaft wecken, mehr und noch vielfältiger, ökologische Sorten in unserem Land zu vermehren.“

Roloff zur Situation des Ökolandbaus in Mecklenburg-Vorpommern und notwendige Forderungen für eine nachhaltige Förderung des Ökolandbaus:  „Der Ökolandbau in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt sich derzeit viel zu langsam. Im letzten Jahr stellten nur 30 Betriebe mit insgesamt 1600 Hektar um, entsprechend einem Zuwachs von nur 3,7  bei den Betrieben bzw. 1,3 Prozent bei den umgestellten Flächen. Sogar bundesweit war der Zuwachs höher sowohl bei der Anzahl der Bio-Betriebe mit 4,5 Prozent als auch beim Zuwachs der Anbaufläche mit  2,3 Prozent.“

Roloff weiter. „Die positiven Signale des Bio-Marktes werden im Landwirtschaftsministerium seit mehreren Jahren nicht wahrgenommen, einfach ignoriert oder schlecht geredet. Wir fordern seit acht Jahren eine marktentsprechende Förderung des Ökolandbaus. Das zweimalige Aussetzen der Umstellungsbeihilfen im Jahre 2004 und 2006 war ein negatives agrarpolitisches Signal, das die Entwicklung des Ökolandbaus in unserem Land um mehrere Jahre verzögerte. Jetzt fehlen im Land sowohl die kleinen und mittleren Bio-Höfe mit hofeigener Verarbeitung und Direktvermarktung für die Nahversorgung als auch die flächenstarken Bio-Betriebe und -Güter zur Vermarktung großer, einheitlicher Partien an die verarbeitende ökologische Lebensmittelwirtschaft bzw. den Lebensmitteleinzelhandel. Wir fordern für eine nachhaltige Förderung des ökologischen Landbaus insgesamt günstigere Rahmenbedingungen und vor allem verlässliche Anreize für die Umstellung auf Ökolandbau. Das bedeutet grundsätzlich die Bereitstellung ausreichender Umstellungsbeihilfen und Beibehaltungsprämien. Die Angebote zur Ausbildung, Beratung, Information und Vermarktung müssen für die umstellungswilligen Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern langfristig verfügbar sein. Für umstellungswillige Landwirte sind für die Umstellungsentscheidung vor allem klare politische Signale von Bedeutung, die insgesamt von der Bundes- und Landes-Politik ausgehen müssen. Der Ökologische Landbau als nachhaltigste Form der Landwirtschaft muss eine Leitbildfunktion für die Entwicklung unserer Landwirtschaft einnehmen.“

Jan Uwe Klee, Geschäftsführer der Demeter-Bauern Nord-Westdeutschlands zur Bedeutung von Züchtungsinitiativen für die Demeter-Bauern in Mecklenburg-Vorpommern: „In der biologisch-dynamischen Landwirtschaft hat Saatguterhaltung und Sortenvielfalt von Anfang an eine große Rolle gespielt. Die heutigen Züchtungsinitiativen für ökologisches Saatgut stellen uns Ökolandwirten und Ökogärtnern eine große Vielfalt an sicherem Saatgut zu Verfügung, welches gentechnikfrei und unabhängig von industriellen Interessen in den Markt gebracht wird. Dieses Bio-Saatgut ist angepasst an regionale Klima-  und Bodenverhältnisse und ermöglicht damit die gesunde Erzeugung von Gemüse und Getreide aus der Region. Innovation und Wertschöpfung bleiben in einem überschaubaren Zusammenhang von Menschen erhalten. Der fachliche Austausch zwischen Landwirten und Saatguterzeugern ist dabei lebendige Praxisforschung. Demeter-Landwirtschaft lebt gerade von solchen überschaubaren Verhältnissen im Anbau und der Vermarktung. Das schafft für unsere Kunden Einblick und Vertrauen beim Kauf von ökologischen Lebensmitteln.“

Barbara Rudolf, Vorsitzende des Bioland-Landesverbandes Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern zum Engagement von Bioland für die Züchtung und die Finanzierung ökologischer Pflanzensorten: „Der Ausschluss von Gentechnik und gentechnischen Methoden ist nur der Anfang. Für den Biolandbau brauchen wir ökologisch vermehrtes Saatgut aus ökologisch gezüchteten Sorten! Wie beschreiben wir ökologische Pflanzenzüchtung? Wie kommen wir zu geeigneten neuen Sorten für den Erwerbsanbau? Wie schaffen wir eine Verbreitung der ökologischen Sorten, die es bereits gibt? Wie können wir die Verfügbarkeit von Saatgut dieser Sorten verbessern? Um diese Fragen dreht sich das Engagement des Biolandverbandes für ökologische Pflanzenzüchtung. Entscheidend für eine positive Entwicklung und die Etablierung ökologischer Pflanzenzüchtung ist die Finanzierung. Bioland fordert öffentliche Förderung für ökologische Züchtung! Saatgut ist Kulturgut und der freie Zugang zu geeigneten Sorten für den Anbau ein Schlüsselfaktor für den Erfolg der Landwirte und Gärtner. Es kann und darf nicht dabei bleiben, dass einige wenige Aktive diese schwierige Aufgabe für die Gemeinschaft schultern! Züchtung ist langwierig und nur mittelbar im Endprodukt für den Kunden erkennbar. Allzu oft richtet sich eine Kaufentscheidung nach den augenscheinlichen, äußeren Qualitäten der Produkte. Was uns langfristig gut tut ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, für eine nachhaltige Entwicklung aber unverzichtbar.“

Claudia Tauer vom „Verbund Ökohöfe Nordost“ zur Bedeutung der ökologischen Saatgutzüchtung für bäuerliche Bio-Betriebe: „Ohne eine ökologische Saatgutzüchtung gibt es keine Zukunft für bäuerliche Betriebe. Saatgut gehört in die Hand der Bauern und nicht in die Hand von weltweit agierenden Agrarkonzernen. Die Agrarpolitik muss dem Konventionalisierungsdruck widerstehen und politische Weichen für eine regionale bäuerliche Landwirtschaft stellen.“

Hintergrund:
Der Umsatz mit ökologischen Lebensmitteln stieg bundesweit um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Bio-Markt wächst weiter. Die Nachfragesituation ist weiterhin positiv und die Verarbeiter suchen bundesweit heimische Bio-Ware. Die Anzahl der erzeugenden Bio-Betriebe fällt immer mehr hinter dieser positiven Marktentwicklung zurück. Der Importanteil steigt weiter und liegt bei Getreide bei 15 Prozent, bei Kartoffeln bei 26 Prozent und bei Möhren und Äpfeln bei ca. 50 Prozent. Es fehlen bundesweit genügend Bio-Betriebe.

In Mecklenburg-Vorpommern bewirtschafteten 2011 über 800 landwirtschaftliche Bio-Betriebe bzw. -Höfe ca. 122.000 Hektar bzw. neun Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Der Eigenanteil des Landes an den Flächenprämien für die Umstellung oder Beibehaltung des ökologischen Landbaus beträgt. bei derzeit 150 Euro/Hektar nur 8 Prozent bzw. 12 Euro/Hektar. Bio-Getreide wird im Land auf 1400 Hektar vermehrt mit einem Anteil von 70 Prozent Winter-Getreide. Die Gräser-Vermehrung beträgt nur noch 3 Prozent der gesamten Öko-Vermehrungsfläche. Großkörnige Leguminosen wurden auf ca.400 Hektar vermehrt, vor allem Blaue Lupine mit einem Anteil von 86 Prozent. Seit 2006 vermehren sechs Bio-Betriebe nur noch ca. 40 Hektar Kartoffeln. Die Anzahl der Kartoffel-Sorten nimmt weiter ab.

Programm unter:

Aussender:
Agrarbündnis Mecklenburg-Vorpommern
 c/o: Dr. Burkhard Roloff (BUND)
Tel.: 0385-52 13 39 13
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