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Dienstag, 27. März 2012

Formell beanstandet

Ausgestaltung der Notfallzugriffe auf Patientendaten
Redaktion: Der Hamburger Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Dieser Beitrag kann in vollem Umfang kostenlos genutzt werden.
Pressemitteilung
Hamburg/gc. Der Notfallzugriff ermöglicht  jedem Arzt des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) unabhängig davon, ob er eine Behandlung durchführt,  auf  alle  elektronischen Daten der Patienten zuzugreifen. Dies kann in außergewöhnlichen, sehr zeitkritischen Situationen medizinisch geboten sein.  Bislang fehlen jedoch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz vor einem Missbrauch dieses Instruments.

Der Arzt, der den Notfallzugriff nutzt, bekommt lediglich einen Warnhinweis. Anschließend wird er aufgefordert, einen Grund für den Zugriff außerhalb seines normalen Berechtigungsprofils anzugeben.

Eine Kontrolle dieser  Gründe oder eine stichprobenartige Prüfung der Protokolldateien auf Unregelmäßigkeiten und Auffälligkeiten findet jedoch nicht statt. Wer missbräuchlich auf Patientendaten von beispielsweise Prominenten, Kollegen oder Bekannten zugreift, muss daher kaum fürchten, entdeckt zu werden. Dabei ist das Missbrauchspotential hoch: Über den Zugriff erfährt der Nutzer von allen jemals zu dem Patienten im UKE sowie den Tochterunternehmen erfassten Daten. Das kann von der Behandlung eines Unfalls bis zur HIV-Infektion reichen.

Auf Nachfragen des Datenschutzbeauftragten räumte das UKE ein, dass allein im Oktober 2010 insgesamt 6.400 Abfragen über diesen Notfallzugriff  erfolgten. Täglich bis zu 290mal.  Aktuellere Daten hat der Datenschutzbeauftragte trotz Anforderung bisher nicht erhalten. Die hohen Zugriffszahlen lägen zumeist an „Prozessablaufschwierigkeiten“.  Das seien Probleme der Schnittstellen und Systemintegration, die die Ärztinnen und Ärzte über den Notfallzugriff lösen. Allerdings konnten durchschnittlich 45 Notfallzugriffe pro Tag damit nicht erklärt werden, ihre Rechtmäßigkeit blieb offen.

Auf die formelle Beanstandung hin hat das UKE nun (Stand 9. März 2012) drei Wochen Zeit zur schriftlichen Stellungnahme. Für die Umsetzung geeigneter Kontrollmaßnahmen wurde eine dreimonatige Frist gesetzt.

Gefordert wird  ein regelmäßiger Bericht über Anzahl und Gründe der Notfallzugriffe. Außerdem muss ein Konzept zur Auswertung der Zugriffsprotokolle erstellt und umgesetzt werden. Weiter muss auch eine Lösung für die technischen Prozessablaufprobleme gefunden werden. Ziel muss es insgesamt sein, den Notzugriff in seinen Ausmaßen deutlich einzudämmen und auf seine eigentliche Bestimmung zu begrenzen.

„Die Problematik des Notfallzugriffs ist dem UKE seit mehr als zwei Jahren bekannt. Trotz intensiver Gespräche und datenschutzrechtlicher Begleitung unsererseits ist es nicht gelungen, das UKE zu einem datenschutzgerechten Verfahren zu bewegen. Unsere Geduld ist nunmehr erschöpft. Angesichts der Sensibilität der Daten und der Vielzahl von Berechtigten und Betroffenen muss das UKE nun unverzüglich in die Umsetzung der technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Sicherung der Patientendaten eintreten“, so Johannes Caspar, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit.

Pressekontakt:
Arne Gerhards
Tel.: 040-42854 4153

Aussender:
Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Klosterwall 6
20095 Hamburg
Tel.: 040-42 85 44 153
Fax: 040-42 79 11 833
Presse@datenschutz.hamburg.de
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