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Samstag, 26. Mai 2012

Warmwasser aus dem Trias

Geothermie befreit Neustadt-Glewener von Rohstoffpreisen
von Heiko Wruck
BERICHT
Neustadt-Glewe/gc. Welche Kraft in der Erde steckt, ist allgemein bekannt – wenn auch schwer konkret zu ermitteln. Wie man diese Kraft sinnvoll und gleichzeitig ökologisch nutzen kann, ist seit 1995 in Neustadt-Glewe gut sicht- und spürbar. Dort versorgt die Erdwärme Neustadt-Glewe GmbH zurzeit rund 1.700 Wohneinheiten und um die 20 Kleinbetriebe mit Wärme aus dem Erdinneren.

Als erstes Geothermieheizwerk nach der Wende in Mecklenburg-Vorpommen gingen die Neustadt-Glewener Stadtväter neue Wege bei der Wärmeversorgung ihrer Bürger.  Sie beschlossen, ihren CO2-Haushalt deutlich zu senken. Mit Fördermitteln und Erfolg, denn die Geothermie erfreut sich zunehmender Beliebtheit – seit die Öl- und Gaspreise die Kuschelecken des Marktes verlassen haben.

„Vier Mitarbeiter sind in der Erdwärme Neustadt-Glewe GmbH beschäftigt“, erklärt Heizwerksleiter Mario Hielscher. „Die überschaubare Belegschaftsgröße erklärt sich dadurch, dass das Heizwerk 72 Stunden ohne Aufsicht betrieben werden kann. Über 2.200 Meter tief reicht die Bohrung bis in die Warmwasserschicht (Aquifer genannt). Der Sandstein dort speichert das durch Erdwärme erhitze Wasser wie ein Schwamm. Durch die Bohrung steigt das 100 Grad heiße Wasser bis auf eine Höhe von etwa 100 Meter unter die Erdoberfläche. Von dort befördert es eine Pumpe ins Heizwerk.  Im Wärmetauscher gibt das Thermalwasser sein Wärmeenergie ans Fernwärmenetz ab und fließt dann ausgekühlt in den Aquifer zurück.

Seit Bestehen des Heizwerkes wurden auf diese Weise bereits über 9 Millionen Kubikmeter Warmwasser gefördert und auch wieder zurückgeführt. Das Wasser enthält 220 Gramm pro Liter an Salz. Das entspricht dem Salzgehalt des Toten Meeres und stellt eine besondere technische Herausforderung dar. Es muss luftdicht aus dem Boden, durch alle Anlagen und das Netz sowie wieder zurück in den Aquifer geführt werden. Sobald Luft an das Wasser kommt, kristalliert das Salz aus. In diesem Fall wäre die ganze Anlage defekt.

Gegenwärtig erschließt die Erdwärme Neustadt-Glewe GmbH die Innenstadt ihrer Namensgeberin. Ein Kommunalbetrieb ist Firma trotzdem nicht. 47 Prozent hält die Stadt Neustadt-Glewe, 45 Prozent hält die Wemag und 8 Prozent die Geothermie Neubrandenburg GmbH. Hielscher: »Wir binden Straßenzüge an, wenn wir dort 60 Prozent der Kunden für uns gewinnen können. Dann ist der wirtschaftliche Betrieb sichergestellt.«

Bildunterschrift:
Heizwerkleiter Mario Hielscher hält auskristallisierte Sole ins Bild. Sie entsteht, sobald Luft an das 100 Grad warme Wasser aus dem Erdinnern kommt. Das war aber bisher noch nie ein Problem. Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
Heiko@Wruck.org
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