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Montag, 23. September 2013

Mentalitäten der Intoleranz

Kunstausstellung in Jena bis November
Redaktion: Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dieser Beitrag kann in vollem Umfang kostenlos genutzt werden.
PRESSEMITTEILUNG
Jena/gc. Große goldene Buchstaben auf schwarzem Untergrund: am Campusgebäude der Friedrich-Schiller-Universität Jena hängt derzeit unübersehbar ein vier Meter langes Banner, das mit schwungvollen Wortlinien beschrieben ist. Die vereinzelten quadratischen Punkte ober- und unterhalb der Buchstaben lassen auf den ersten Blick auf eine arabische Schrift schließen. Doch nur auf den ersten Blick. Wer genauer hinschaut, kann die Schrift – plötzlich ganz deutlich – lesen.

Das Kunstwerk der Wiener Agentur Demner, Merlicek & Bergmann trägt den Titel „Look Twice“ und ist Teil der aktuellen Ausstellung „BrandSchutz // Mentalitäten der Intoleranz“, die vom Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität Jena in Zusammenarbeit mit dem Jenaer Kunstverein präsentiert wird.

Wie hier im Uni-Campus können sich Einwohner und Besucher in Jena seit dem 21. September 2013 überall in der Stadt davon überzeugen, dass es sich lohnen kann, einen zweiten Blick zu wagen, die eigene Sichtweise zu hinterfragen und dass aus einem Moment, der einen stutzig macht, ein Aha-Erlebnis werden kann.

Vom 21. September bis zum 10. November 2013 ist die Ausstellung zeitgenössischer Kunst an ganz unterschiedlichen Orten im Stadtgebiet zu sehen.

Brandgefährliches Potenzial intoleranter Einstellungen

„Der Titel ,BrandSchutz‘ bezieht sich auf das brandgefährliche Potenzial intoleranter Einstellungen inmitten unserer Gesellschaft“, erläutert die Initiatorin und Leiterin des Ausstellungsprojekts, Prof. Dr. Verena Krieger. „Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, sexuelle Diskriminierung, sozialer Hass und autoritäres Denken sind in erschreckendem Maße verbreitet.“ Gewalttaten, wie die Mordserie der neonazistischen Terrororganisation NSU, seien da nur die Spitze eines Eisberges, so die Kunsthistorikerin der Jenaer Universität weiter. „Das erschreckend breite Fundament des Eisbergs aber wird durch weltanschauliche Auffassungen und Mentalitäten gebildet, die rechtsextreme Züge haben, ohne dass diejenigen, die sie äußern, sich selbst in diesem Lager verorten würden.“

Die Idee des facettenreichen Kunstprojekts ist, angesichts dieser bedrohlichen Situation vorbeugend „Brandschutz“ zu leisten: die ausgestellten Werke der Gegenwartskunst sollen mit ihren eigenen Mitteln auf jene Mentalitäten der Intoleranz aufmerksam machen, die das Erstarken des Rechtsextremismus begünstigen können. Und so präsentiert die Jenaer Ausstellung aktuelle Arbeiten deutscher und internationaler Künstler, die sich auf subtile oder provokante, ironische oder emotional berührende Weise mit dem Thema auseinander setzen.

Insgesamt sind 21 Künstler beteiligt, darunter weltbekannte wie Danica Dakić oder Elmgreen & Dragset, junge aufstrebende Talente wie Nico Sommer oder Yvon Chabrowski sowie Klassiker der künstlerischen Auseinandersetzung mit rechten Mentalitäten wie Jochen Gerz oder Christoph Schlingensief. Gezeigt werden Werke unterschiedlicher Gattungen und Medien: von Ölgemälden über Fotografien und Kurzfilme bis zu Installationen.

Kunst an zehn öffentlichen Orten


„Das Besondere an der Ausstellung ist, dass sie an zehn verschiedenen Orten gleichzeitig im Zentrum von Jena zu sehen ist, die für jedermann kostenfrei zugänglich sind“, sagt Wolfram Stock, Vorsitzender des Jenaer Kunstvereins und Ko-Organisator der Ausstellung. Auf diese Weise seien zahlreiche – auch gänzlich unbeabsichtigte – Begegnungen mit den Werken möglich. „Auch wer in der Auseinandersetzung mit Gegenwartskunst unerfahren ist, erhält so Gelegenheit, sich von ihr überraschen zu lassen.“

„Die Kunst kommt zu den Menschen und nicht umgekehrt“, macht Verena Krieger deutlich. „Schließlich wollen wir nicht nur die ohnehin an Kunst Interessierten sondern ein breites Publikum erreichen.“ Ziel sei es, dass sich möglichst viele Menschen mit den Kunstwerken auseinandersetzen, die eigene Wahrnehmung und Sensibilität für Intoleranzen schulen und sich der Frage nach verborgenen eigenen Ressentiments stellen.

Beteiligte Künstler:
Akademie einer anderen Stadt. Knobloch & Vorkoeper, Alfredo Barsuglia, Yvon Chabrowski, Demner, Merlicek & Bergmann/Dana Yahalomi, Danica Dakić, Sujin Do, Markus Döhne, Elmgreen & Dragset, Slawomir Elsner, Martina Geiger-Gerlach, Jochen Gerz, Milovan DeStil Marković, Graeme Miller, Susan Philipsz, Adrian Piper, Lisl Ponger, Christoph Schlingensief/Paul Poet, Nico Sommer, Viktoria Tremmel, Nasan Tur, Christoph Wetzel

Ausstellungsorte:
Galerie Stadtspeicher, Altes Rathaus, Stadtmuseum, Stadtkirche St. Michael, Frommannscher Garten, Kunsthof, Romantikerhaus, Sparkasse, Uni-Campus, Imaginata

Termine und Information:
Begleitend zur Ausstellung werden Führungen, Themenabende und eine Filmreihe angeboten. Termine und weiterführende Informationen sind im Internet zu finden unter: www.brandschutz.uni-jena.de

Kontakt:
Prof. Dr. Verena Krieger
Kunsthistorisches Seminar und Kustodi
 der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 18
07743 Jena
Tel.: 03641-944160
verena.krieger@uni-jena.de

Bildunterschrift:
„Look Twice“: Auf den ersten Blick scheint vieles unverständlich. Kunstwerk: Agentur Demner, Merlicek & Bergmann (Wien)

Aussender:
Dr. Ute Schönfelder
Stabsstelle Kommunikation
Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641-931041
Fax: 03641-931032
ute.schoenfelder@uni-jena.de
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