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Montag, 14. April 2014

Gebot der Stunde

Zur Debatte um das Lenin-Denkmal
von Horst Zänger, Schwerin
LESERBRIEF
In der Anmoderation zum Thema „Lenindenkmal“ im Nordmagazin am 9. April 2014 suggerierte die Sprecherin dem TV-Publikum:  „... nur Lenin erinnert in Schwerin noch an die DDR. “ Also müsse auch dieses Denkmal weg, wurde dann von den ausgewählten Gesprächspartnern gefordert.

Durch den grundlegenden gesellschaftlichen Wandel werde die Notwendigkeit für die weitere öffentliche Prä­sentation und Pflege allgemein nicht mehr anerkannt, forderten schon 1994 Abgeordnete in einer Beschlussvorlage der Stadtverordnetenversamm­lung. Und so wurden die Gedenktafeln aus DDR-Zei­ten an verschiedenen Wohnhäu­sern in der Stadt zu Karl Liebknecht, Ernst Schröder, Hans KoIl­witz, Gustav Sobottka und Kurt Bürger, zu Ehm Welk, Adam Scharrer oder Edgar Bennert, abmontiert und verschwanden. Auch die Karl-Marx-Büste in der Weststadt verschwand über Nacht ... Umfangreiches Ausstellungsmaterial, das die russische Garnison bei ihrem Abzug der Stadt in der guten Absicht übergeben hatte, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, landete im Depot, der Erinnerung entzogen.

Aber auch die Schweriner Philharmonie müsste in diesem Zusammenhang an dieser Stelle genannt werden, wenn es um die Erinnerung geht, und bald wird auch die Stadionbrücke verschwinden und nicht mehr auf die Entwicklung der Stadt und die DDR hinweisen.

Es geht in diesem Disput also eigentlich nicht um die Lenin-Statue, es geht um das Auslöschen von Erinnerungen an die DDR. Diesbezügliche Errungenschaften aber sind – neben dem heutigen Fortschritt – noch überall gegenwärtig. Zur Wahrheit einer Retrospektive auf die DDR gehören Sportanlagen wie die Kongresshalle oder das Stadion Lambrechtsgrund, das Freilichtmuseum Mueß, der Tierpark, aber auch der, ehemals wie heute für die Infrastruktur der Stadt unverzichtbare großzügige Ausbau der Straßenbahntrassen. Ihre Entstehung verdanken sie dieser Zeit, stehen heute aber unter großem finanziellen Druck.

Schwerin war eine Stadt der Jugend, und viele Schweriner Bürger, die es erlebt haben, erinnern sich gern und dankbar der Entwicklung ihrer Stadt und ihrer persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten. Leider finden sie aber kaum ein Podium in der „objektiven Berichterstattung“. Vieles „Bemerkenswertes“ erinnert auch in Schwerin an die DDR, wenn man es denn auch sehen und begleiten will.

„Monarchischer Glanz und Gloria“ forderte einst viel Leid und Verzicht für das Volk, das schließlich den Sturz der Fürsten herbeiführte. Dennoch behalten in Stein gemeißelte Abbilder von Landesfürsten weiterhin den ihnen angestammten Platz, auch in Schwerin. Politiker und Abgeordnete der Stadt sollten also – besser gemeinsam mit allen Bürgern der Stadt – Prioritäten setzen für das, was Schwerin voranbringt und der Stadt zu größerer Anerkennung verhilft. Das ist das Gebot der Stunde.
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