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Montag, 1. Dezember 2014

Die kurze Gerade bleibt wirkungslos

MVs unabhängiger Bürgerbeauftragter
von Heiko Wruck
BERICHT
Schwerin/gc. Ideologische Rattenfänger haben es leicht. Den Kompromiss verabscheuen sie. Der lange Weg wird durch die kurze Gerade ersetzt. Und wer nicht für sie ist, ist gegen sie. Die Kunst eine demokratische Gesellschaft zu führen liegt jedoch in der Differenzierung ihrer Problemlösungen. Manchmal muss die Allgemeinheit gegen die Interessen Einzelner geschützt werden. Manchmal sind Einzelne gegen die Macht der Mehrheit zu schützen. Dies gilt ganz besonders dann, wenn staatliche Verwaltungsarbeit mit Bürgerinteressen kollidieren. Einfache Antworten sind selten, Pauschalisierungen würdigen die individuellen Problemlagen nicht.

In Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen und in Mecklenburg-Vorpommern gibt es für diesen Interessenausgleich und den Schutz des Bürgers vor amtlicher Willkür und Fehlern das Amt des unabhängigen Bürgerbeauftragten. Er setzt sich mit den Behörden-Sachbearbeitern zusammen, spricht mit den Entscheidungsträgern, gibt Empfehlungen oder schaltet die Kommunale Aufsichtsbehörde ein, wenn die Verwaltungsfront zu hartleibig einem berechtigten Bürgerinteresse entgegensteht.



In Mecklenburg-Vorpommern hat derzeit der Jurist Matthias Crone das Amt des unabhängigen Bürgerbeauftragten inne. Maximal zweimal sechs Jahre kann er dieses Amt bekleiden, das kaum in der Öffentlichkeit bekannt ist. »Ich bin Bürgerbeauftragter und kein Behördenbeauftragter«, beschreibt er sein Selbstverständis. An ihn kann sich jeder wenden, der sich durch die Landes-, Kreis- oder Kommunalverwaltung ins Unrecht gesetzt sieht oder Fragen hat, um zu entscheiden, ob ein Gerichtsverfahren zur Durchsetzung eigener Interessen erforderlich ist oder Aussicht auf Erfolg hat. Aber auch wenn es Unstimmigkeiten zwischen Bürger und Verwaltung gibt, die nur einer Klärung bedürfen, ist der Bürgerbeauftragte zur Stelle. Crones Job ist es, die Rechte der Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande zu wahren, in sozialen Angelegenheiten zu beraten und zu unterstützen sowie insbesondere die Belange von Menschen mit Behinderungen wahrzunehmen. Hierbei steht nicht die Rechtsberatung, sondern die Konfliktlösung außerhalb der Gerichtssäle im Vordergrund.

1474 Bürgeranliegen wurden allein in diesem Jahr an ihn herangetragen, Stand 20. November 2014. Rund zwei Drittel davon entfallen auf die Bereiche Soziales und Menschen mit Behinderungen. 997 Fälle sind bereits erledigt. Um mit dem Amtsträger ins Gespräch zu kommen, braucht der Bürger lediglich anzurufen, vorzusprechen, eine E-Mail oder einen Brief zu schreiben. Das allein genügt, damit Crone und seine zurzeit 13 Mitarbeiter tätig werden können – in jedem Fall völlig kostenlos, gebührenfrei und auch sonst unentgeltlich.

Die Fälle, die Crone vorgetragen werden, spiegeln die ganze Bandbreite der Wechselbeziehungen zwischen Bürger und Verwaltung. Da geht es um die Schülerbeförderung, ob Hartz-IV-Empfänger aus der jahrzehntelang genutzten Wohnung raus müssen, ob ein Windpark zu dicht am Wohnort entstehen soll oder ob der Landkreis den Betrieb von Ferienwohnungen in einem gemischten Wohngebiet verbieten darf, obwohl die ursprüngliche Planung dies hergab. Orthopädische Schuhe, Tiermast- und Abwasseranlagen, Schulwechsel, Stromtrassen, Behindertengeld, Arbeitslosengeld, Pflegekosten, behördliche Arbeitsrückstände, Planungsvorgaben, strittige Bauvorhaben, Lärmbelästigung – die eingereichten Bürgeranliegen sind eine Kette ohne Ende. „Es gibt schnell Konflikte, wenn die Interessen einzelner mit denen der Allgemeinheit oder der Verwaltung auszugleichen sind“, sagt Crone.

Der Gesetzgeber hat hierfür zwei Instrumente geschaffen. Das relativ scharfe Instrument gerichtlicher Entscheidungen und das sehr weiche Instrument außergerichtlicher Schlichtungen. Neben dem unabhängigen Bürgerbeauftragten gibt es auch das parlamentarische Petitionswesen. Während die Mediation in der Regel im Zivilrecht angesiedelt ist, geht es bei Petitionen und beim Bürgerbeauftragten um Konflikte mit den Verwaltungsstellen auf Landes-, Kreis- und Kommunalebene. Nachbarschaftsstreitigkeiten verhandelt der Bürgerbeauftragte jedoch nicht. Neben dem unabhängigen Bürgerbeauftragten gibt es auch das Petitionswesen. Petitionen werden in Ausschüssen verhandelt. Diese Ausschüsse sind parteipolitisch besetzt. Entsprechend politisch gefärbt können auch die dort getroffenen Entscheidungen sein. Der Bürgerbeauftragte handelt dagegen politisch neutral – unabhängig eben.

Anruf genügt:
So können Sie
Mecklenburg-Vorpommerns unabhängigen Bürgerbeauftragten erreichen,
per Post oder persönlich:

Bürgerbeauftragter des Landes
Mecklenburg-Vorpommern
Schlossstraße 8
19053 Schwerin
Tel.: 0385-525 2709
Fax: 0385-525 2744
post@buergerbeauftragter-mv.de

Bildunterschrift 1:
Spaß am Lärm: So wichtig und berechtigt Proteste auch sind, um Öffentlichkeit zu schaffen, Lösungen werden an dieser Stelle nie verhandelt. Dafür bedarf es vertrauensvoller Gespräche. Foto: Heiko Wruck

Bildunterschrift 2:
Mecklenburg-Vorpommerns Bürgerbeauftragter Matthias Crone steht für die unabhängige Bürgerinteressenvertretung. Er sieht sich als unpolitischer Mittler zwischen Bürger und Verwaltung. Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
heiko.wruck@t-online.de
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