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Montag, 16. März 2015

Der große Darwin war ein Dilettant

Naturforschende Gesellschaft Mecklenburg e.V.
... von Heiko Wruck
BERICHT
Ludwigslust/gc. Die Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft Mecklenburg e.V. sind über ganz Mecklenburg-Vorpommern verteilt. Sie haben alle möglichen Berufe und frönen doch einer gemeinsamen Leidenschaft. Sie erkunden in akribischer Kleinarbeit Tag für Tag und Detail für Detail die Natur. Sie sind die Experten, die von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden. Trotzdem bauen sie jenen wissenschaftlich unschätzbaren Fundus an Wissen über die Geologie, Fauna und Flora auf, der zeigt, wie sich unsere Umwelt entwickelt hat und entwickeln wird. Und  sie bewahren dieses wertvolle Wissen für die folgenden Generationen auf.


Einem abgebrochenen Medizinstudium schloss sich bei Charles Darwin ein mit Bravour bestandenes Theologie-Studium an. Die Erforschung der Natur – Fauna, Flora, Geologie – war jedoch seine wirkliche Leidenschaft. Sie führte ihn zur naturforschenden Gesellschaft Royal Society und schließlich zu wissenschaftlichen Ehren. Charles Darwin war ursprünglich zwar kein ausgebildeter Biologe. Das heißt jemand, der eine Sache allein aus Interesse, Leidenschaft oder Vergnügen ausübt. Hier erreichte er nicht nur eine große Meisterschaft, sondern erlangte mit seiner Evolutionstheorie wissenschaftliche Unsterblichkeit und schuf eine gänzlich neue Forschungsdisziplin – die Evolutionsforschung.



Diese Leidenschaft, die Natur zu erforschen, treibt auch in Mecklenburg-Vorpommern Darwins Erben um.  Die Wurzeln hiesiger kollektiver Naturforschung reichen zurück bis an den Anfang des 19. Jahrhunderts. 1800 wurde in Rostock die Mecklenburgische Naturforschende Gesellschaft gegründet. 1847 gründete sich in Malchin der Verein der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. Die heutigen Naturforscher sind in der Naturforschenden Gesellschaft Mecklenburg e.V. (NGM) organisiert. Wie auch schon Charles Darwin und ihre Vorläufer in Mecklenburg schaffen sie in mühevoller Feldarbeit Wissen, auf das andere zugreifen.



Die Nutznießer sind Schüler, Lehrer, ambitionierte Laien, aber auch Wissenschaftler und andere Naturforscher. Genau darin liegt der Wert ihrer Arbeit. Sie kartografieren Regionen, katalogisieren Tiere und Pflanzen, fotografieren, zeichnen, erstellen Gutachten, leisten Bildungsarbeit und halten Vorträge. Alles ehrenamtlich. Das Natureum in Ludwigslust ist Sitz der NGM, die über 70 Mitglieder zählt. Als Fontänenhaus am Schlosspark 1750 erbaut ist das heutige Natureum das älteste Gebäude der Stadt. Es wurde neben dem Vorgängerbau des heutigen Schlosses errichtet. Mit Eigenleistungen, Städtebauförderung, BINGO-Umweltlotterie der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung sowie mithilfe von Sponsoren wurde das Natureum 2004 - 2006 umgebaut, saniert und am 21. Mai 2006 als erstes Naturkundemuseum West-Mecklenburgs eingeweiht. Heute beherbergt es die sechstgrößte Naturaliensammlung des Landes.



Hier wird dokumentiert, wie sich die Arten entwickeln. Die Naturforscher belegen, dass seit 150 Jahren die Vielfalt der Moorpflanzen durch die Meloration zurückgeht. Im Schlosspark sind nur noch drei von einst acht Orchideenarten nachweisbar. Ein Schwund innerhalb von 100 Jahren. Bis Anfang der 1960er Jahre gab‘s dort sogar Brutpaare des Schwarzstorchs. Auch die extrem seltene  die Bachmuschel ist bereits vor den 1980er Jahren wegen der schlechten Wasserqualität im Ludwigsluster Kanal ausgestroben. Den Wert der NGM und ihres Natureums haben die Ludwigsluster Stadtvertreter erkannt. Sie unterstützen seit 2014 die Naturforscher mit einem nicht unerheblichen Betrag aus der Stadtkasse.

Um die Öffnungszeiten des Natureums durchgängig besetzen zu können, wird ein FÖJ-ler (FÖJ = Freiwilliges Ökologisches Jahr) gesucht. Die Planstelle ist vorhanden. Und wer weiß, vielleicht bringt die NGM (www.naturforschung.info) den nächsten Charles Darwin hervor.

Bildunterschrift 1:
Wer nah genug an die Natur herantritt, dem eröffnet sich ein ganzes Universum. Foto: Heiko Wruck

Bildunterschrift 2:
NGM-Pressemann Henrik Wegner: Der Fischotter ist eines von mehreren Zehntausend Tierpräperaten, die im Natureum zu besichtigen sind. Foto: Heiko Wruck

Bildunterschrift 3:
NGM-Vorsitzender Uwe Jueg: Links hält er einen echten Mammut-Backenzahn, rechts einen „Witwenmacher“ – ein Kiefernzapfen aus den Rocky Mountains. Foto: Heiko Wruck

Bildunterschrift 4:
Schnell zu übersehen, eine grüne Schildwanze.
Heimische Fauna: Ein Kopf, wie aus einem anderen Universum.
Gar nicht mehr so niedlich, das wahre Gesicht des Marienkäfers.
Komplex, filigran und hochsensibel, der Kopf einer Fliege.

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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