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Samstag, 19. September 2015

Judenstern wird zur Pflicht!

Aus dem Alltag im III. Reich
von Heiko Wruck
#DOSSIER Holocaust
Stand: 26. Juni 2016
Wer glaubt, alles in Sachen Judenverfolgung im III. Reich zu wissen, wird hier eines Besseren belehrt.


„... der 19. September 1941. Von da an war der Judenstern zu tragen, ... Ein bieder und gutmütig aussehender Mann kommt mir entgegen, einen kleinen Jungen sorgsam an der Hand führend. ,Sieh dir den an, Horst! – der ist an allem schuld!’ Ein weißbärtiger, gepflegter Herr überquert die Straße, grüßt tief, reicht mir die Hand: ,Sie kennen mich nicht, ich muß Ihnen nur sagen, daß ich diese Methoden verurteile.’ ... Ich will auf die Trambahn steigen, ich darf nur den Vorderperron benutzen, und nur wenn ich zur Fabrik fahre, und nur wenn die Fabrik mehr als sechs Kilometer von meiner Wohnung entfernt ist, und nur wenn der Vorderperron fest abgetrennt ist vom Inneren des Wagens; ich will aufsteigen, es ist spät, und wenn ich nicht pünktlich zur Arbeit erscheine, kann der Meister mich der Gestapo melden. Jemand zerrt mich von hinten zurück: ,Lauf doch zu Fuß, ist dir viel gesünder!’ Ein SS-Offizier, grinsend, gar nicht brutal, macht sich bloß einen Spaß, so wie man einen Hund ein bißchen neckt ..."

Quelle: Victor Klemperer,  „LTI Notizbuch eines Philologen“, 24., völlig neu überarbeitete Auflage, Seiten 188 - 189, 2010 Philip Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart, ISBN: 78-3-15-010743-0

Das deutsche Katzenwesen
„Der Wille zur Totalität brachte ein Übermaß der Organisationen bis hinab zu den Pimpfen, nein, bis hinab zu den Katzen: ich durfte dem Tierschutzverein für Katzen keinen Beitrag mehr zahlen, weil im ,Deutschen Katzenwesen’ – wahrhaftig, so hieß das jetzt zum Parteiorgan gewordene Mitteilungsblatt des Vereins – kein Platz mehr war für artvergessene Kreaturen, die sich bei Juden aufhielten. Man hat uns denn auch später unsere Haustiere: Katzen, Hunde und sogar Kanarienvögel weggenommen und getötet, nicht in Einzelfällen und aus vereinzelter Niedertracht, sondern amtlich und systematisch, und das ist eine der Grausamkeiten, von denen kein Nürnberger Prozeß berichtet, ...“


Quelle: Victor Klemperer,  „LTI Notizbuch eines Philologen“, 24., völlig neu überarbeitete Auflage, Seite 118, 2010 Philip Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart, ISBN: 78-3-15-010743-0

Kontakt:
heiko.wruck@t-online.de
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