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Sonntag, 14. August 2016

Falling Down

Europas Chancen in der Welt
von Heiko Wruck
AUFSATZ
Ein Mann sitzt in einem überhitzten Auto im Stau. Eine Fliege lässt ihn ausrasten.


Dann zieht er (Michael Douglas im Film „Falling Down“) zunehmend verstörter und psychopathischer werdend eine Blutspur quer durch die Stadt.

Ebenso psychopathisch reagieren die Besorgten Europas auf jede Fliege. Ihr Weg und ihr Ende sind jedoch absehbar. Ihnen wird es ergehen wie Michael Douglas in der Rolle des William Foster. Am Ende lässt dieser sich – in selbstmörderischer Absicht – von einem Polizisten erschießen.

Die William Fosters unserer Tage werden derzeit arg umschwirrt: Verlustängste, Leistungsdruck, Altersarmut, Wohlstandsschwund, Verteilungsungerechtigkeit, Reizüberflutung, Meinungsvielfalt, Komplexität, Klimawandel, Energiewende, Ressourcenvergeudung, Umweltverschmutzung, Flüchtlingsbewegungen, Kriege, Konflikte, Korruption, Werteverfall, sexuelle Orientierungen, Gleichberechtigung, Religiosität, Fanatismus, Terror, Politik ... die Zahl der Fliegen ist schier unüberschaubar. Das stinkt ihnen gewaltig.

Vom eigenen  Versagen getrieben wie William Foster suchen sie ein Refugium in einer glücklich verklärten – für seine Familie jedoch unglücklichen – Vergangenheit. Ausblenden, Abschotten, Ausgrenzen und massive Kontrolle bis ins Private sind seine und ihre Rezepte.

Fosters Welt wird immer enger, immer zupackender, immer erdrückender. Seine Psychose führt in den Amok und endet im Tod. Aber William Foster war allein und fand keine Hilfe. Seine Welt musste ihn zwangsläufig erdrücken. Ein freies und freizügiges Europa hat bessere Chancen in der Welt.

Ein sich zunehmend imperialistischer gebendes China dominiert Asien und breitet sich in Afrika aus. Ein neozaristisches Russland sucht den internationalen Schulterschluss mit den Brix-Staaten. Eine in die Autokratie abrutschende Türkei droht mehr und mehr zum zerfallenden Staat zu werden. Der Nahe Osten ist dabei, auseinanderzubrechen. Die Menschen des reichen Kontinents Afrika stöhnen unter Armuts-, Kriegs-, Klima-, Umwelt- und Wirtschaftsproblemen. Die USA reagieren zunehmend aggressiver auf die internationalen Veränderungen. Die Länder Mittel- und Südamerikas versuchen mit zunehmender Intensität ein weltwirtschaftliches Gegengewicht zum Westen und zum Fernen Osten aufzubauen. Zwischen allen diesen spannungsgeladenen Polen soll sich Europa behaupten.

Doch statt Hilfe im Schulterschluss zu suchen, entzweien sich die Europäer. Grexit, Brexit, Abspaltungsbestrebungen der Katalonen, Korsen und Bayern, geschlossene Grenzen zwischen EU-Staaten, eine zunehmende Fremdenfeindlichkeit, eine immer stärkere Hysterisierung und immer größer werdende Egoismen sollen zurückführen in nationale Einzelstaatlichkeiten.

Dabei ist heute schon klar, dass kein europäisches Land allein den internationalen Herausforderungen gewachsen ist.

Während die Besorgten Europas armwedelnd „ihren“ Fliegen hinterherfuchteln, geraten ihre Gesellschaften immer mehr außer Atem. Sie werden der Fliegen nicht Herr werden, denn der stinkende Berg, der die Fliegen ernährt, wächst beständig. So werden die Besorgten und ihre Gesellschaften am Ende erdrückt wie William Foster in Falling Down. Es sei denn, sie öffnen sich und handeln überlegter.

Dabei ist eines zu bedenken: Die EU wurde nicht von Humanisten und Menschenfreunden erschaffen, sondern von Leuten, die Kasse machen wollen. Das muss dringend geändert werden. Mit der AfD und den vielen anderen europäischen Rechten sowie mit Separatisten wird dies nicht zu machen sein. Sie haben daran kein Interesse. Deswegen sind heute schon der Weg und das Ende dieser Entwicklungen klar.

Europa und Deutschland brauchen einen neuen Gesellschaftsentwurf, der sich auf bessere Werte als die heutigen gründet. Sonst ergeht es uns so, wie William Foster – Falling Down.

Kontakt:
heiko.wruck@t-online.de
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