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Mittwoch, 15. März 2017

Es gibt schlicht zu viele kostenlose Inhalte

Digitalkioske kannibalisieren Verlagsangebote
Redaktion: Universität Hamburg
PRESSEMITTEILUNG
Hamburg/gc. Digitale Kiosk-Apps können für Abonnentenschwund bei kostenpflichtigen Verlagsangeboten im Netz sorgen. Das ist ein Ergebnis einer neuen Studie der Universitäten Hamburg und Groningen. Das Forschungsprojekt „Competing with Free: Flatrates in the Publishing Industry“ untersucht erstmals, wie Kunden auf verschiedene Preismodelle, etwa „Flatrate“ oder „Bezahlen pro Artikel“, in verlagsübergreifenden Nachrichten-Angeboten reagieren.


„Die Befragung legt nahe, dass Verlage die eigenen Bezahlkunden an die neuen verlagsübergreifenden Anbieter verlieren, die journalistische Inhalte verschiedener Zeitungen und Magazine bündeln und sie einzeln zum Verkauf anbieten“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Michel Clement vom Institut für Marketing und Medien der Universität Hamburg. Der Marketing-Experte und sein Team fragten im Sommer 2016 volle 1.923 Online-Nachrichtenleserinnen und -leser, wie sich verschiedene Bezahlmodelle auf ihr Kaufverhalten journalistischer Inhalte auswirken. Mit Hilfe der erhobenen Daten wurde das Nachfrageverhalten simuliert. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung sind für Deutschland repräsentativ.

Die Mehrzahl der befragten Personen steht Online-Kiosken Prof. Clement zufolge positiv gegenüber. Viele der bereits zahlenden Lesern würden ihre kostenpflichtige Bezugsquelle für journalistische Inhalte wechseln. „Apps wie „Blendle“ oder „pocketstory“ kannibalisieren so die traditionellen Bezahlangebote der Verlage, da die Verlage keine neuen Bezahlerinnen und Bezahler gewinnen.“ Die Digitalisierung verändert die Zeitungsbranche massiv, wie Projektmitarbeiterin Petra Schulz sagt. „Die Verlage suchen nach nachhaltigen Angebots- und Bezahlmodellen für ihre Online-Inhalte. Entsprechend vertreiben sie ihren journalistischen Content zunehmend über eigene aber auch fremde Bezahlangebote.“

Die für Digital-Kiosk-Apps erfolgreichste Preisstrategie ist der Untersuchung zufolge das Flatrate-Angebot. „Allerdings sind die Konsumentinnen und Konsumenten sehr preissensibel“, so Prof. Clement. Er empfiehlt einen monatlichen Preis von höchstens zehn Euro. „Eine derartige Flatrate hat das Potenzial circa 7 % des Marktes zu binden.“ Für Premiumfeatures wie Werbefreiheit, Personalisierungsmöglichkeiten und Offline-Nutzung würde die Zahlungsbereitschaft um circa zwei Euro und die mögliche Nachfrage auf circa 9 % im Umsatzoptimum steigern.

Dies gelte jedoch nur für Leserinnen und Leser, die bereits für journalistische Inhalte im Internet zahlten, hebt Prof. Clement hervor. „Die Studie zeigt, dass es nicht gelingt, Leserinnen und Leser, die umsonst die werbefinanzierten Online-Angebote der Zeitungen nutzen, in Kundinnen und Kunden journalistischer Bezahlmodelle umzuwandeln.“ Dabei sei es unerheblich, welche Preisstrategie die App-Anbieter verfolgen: 99% des Umsatzes realisierten Leserinnen und Leser, die ohnehin schon für Online-Medien zahlten. Prof. Clement: „Nutzerinnen und Nutzer sind im Netz gewöhnt, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel gratis zu lesen. Es gibt schlicht zu viele kostenlose Inhalte, um Nicht-Zahler in Zahler zu verwandeln.“

Michel Clement ist Professor für Marketing und Medien am Institut für Marketing der Universität Hamburg. Petra Schulz arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut. Zu den Autoren der Studie gehört Prof. Dr. Felix Eggers von der Universität Groningen.

Für Rückfragen:
Prof. Dr. Michel Clement
Universität Hamburg
Schwerpunkt Marketing
Lehrstuhl für Marketing & Media
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michel.clement@uni-hamburg.de 

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