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Donnerstag, 16. November 2017

Weg von der Straße

von Heiko Wruck
GLOSSE
Als ich jung war gab es viele Eltern und Nachbarn, die alle  meinten ständig, die faule Jugend würde zu viel auf den Straßen herumlungern.


Tatsächlich, wir trafen uns an Bushaltestellen, in Parks, an Unterführungen oder am Heizhaus bei der Schule, um mit unseren Kumpels abzuhängen, Musik zu hören oder mit den Mädchen zu schäkern. Manchmal haben wir auch rumgeknutscht oder Fußball gespielt.  Wir haben die Gegend mit Fährrädern, später mit Mopeds, unsicher gemacht. Manchmal haben wir einen gesoffen und in die Hecken gekotzt. Fast jeden Tag haben wir uns getroffen. Und immer hieß es: Die haben nichts zu tun, die müssen weg von der Straße.

Der heiße Wunsch dieser besorgten Bürger hat sich erfüllt. Jugendliche trifft man kaum noch auf der Straße. Und wenn man sie doch trifft, sind sie nüchtern, in sich gekehrt und leise. Sie schauen auf ihre Smartphones und auf ihre Tablets, wischen über die Touchscreens und texten sich völlig lautlos gegenseitig voll. Kein Fußball zerbricht mehr eine Scheibe. Der erste Kontakt zum anderen Geschlecht findet auf virtuellen Pornoseiten statt. Schon Grundschüler wissen mehr über harten Sex als mancher 16-Jährige in den 1980er Jahren.

In ein paar Jahren werden wir das Internet der Dinge haben. Dann muss niemand mehr raus auf die Straße. Und der Traum wird wahr.

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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