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Samstag, 7. Juli 2012

Die Kluft nimmt zu

Stark wachsende und stark schrumpfende Regionen
Redaktion: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
Dieser Beitrag kann in vollem Umfang kostenlos genutzt werden.
Pressemitteilung
Bonn/gc. In den Landkreisen und kreisfreien Städten sind die Lebensverhältnisse weitestgehend vergleichbar. Viele Regionen vor allem im Süden Deutschlands befinden sich weiterhin auf Wachstumskurs. Der demografische Wandel droht jedoch die Kluft zwischen wachstumsstarken und strukturschwachen dünn besiedelten Räumen zu vertiefen.

Das geht aus dem Raumordnungsbericht 2011 hervor, den das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) jüngst veröffentlicht hat. Wie seine Vorgänger informiert auch der dritte Raumordnungsbericht über regionale Trends unter anderem in den Bereichen Wirtschaft und Wohlstand, Wohnen, Demografie, Infrastrukturausstattung und Mobilität. Dargestellt werden auch die Verteilungswirkungen der Fördermittel von Bund, Ländern und der Europäischen Union. Zusammen mit ihrer Stellungnahme hatte die Bundesregierung den Bericht im Januar 2012 dem Deutschen Bundestag vorgelegt.

Ein Schwerpunkt des Raumordnungsberichts sind die Folgen des demografischen Wandels für die Infrastrukturauslastung: Zwar wächst derzeit in einem Großteil der Kreise im Süden Baden-Württembergs  und Bayerns sowie im Westen Niedersachsens die Bevölkerung noch überdurchschnittlich. In weiten Teilen Ostdeutschlands und vereinzelt in strukturschwachen Räumen der alten Bundesländer hat sich jedoch die Schrumpfung der Bevölkerung verfestigt. Besonders betroffen sind in Ostdeutschland die ländlichen Kreise auch im Umland größerer Städte.

Die mit dem Bevölkerungsrückgang einhergehende Abnahme der Siedlungsdichte stellt vor allem dünn besiedelte ländliche Regionen bei der Versorgung mit Infrastruktur vor große Probleme. So fehlen vielerorts bereits heute Allgemeinärzte. Die Krankenhaus-Grundversorgung ist hingegen nach wie vor überall gut: Drei Viertel der Bevölkerung erreichen das nächste Krankenhaus mit dem Pkw innerhalb von 10 Minuten, 97,5 Prozent innerhalb von 20 Minuten.

Der Weg zur Arbeit wird länger
Die  Pendeldistanzen nehmen weiter zu auf inzwischen durchschnittlich 17 Kilometer pro Wegstrecke, da immer weniger Menschen in ihrer Wohngemeinde arbeiten. Überdurchschnittlich weit ist der Arbeitsweg für die Arbeitnehmer an den Rändern der großen Ballungszentren wie Hamburg, Frankfurt und Berlin sowie in den dünn besiedelten, peripheren Räumen im Nordosten Deutschlands. Häufig werden im Umland der großen Städte lange Wege in Kauf genommen, weil die Immobilienpreise in den Zentren sehr hoch sind. Gleichzeitig müssen viele Arbeitnehmer aus den dünn besiedelten ländlichen Regionen Ostdeutschlands zwangsweise pendeln, da Arbeitsplätze in Wohnortnähe fehlen.

Flächeninanspruchnahme weiter abgeschwächt
Die Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsflächen hat sich weiter abgeschwächt. Im Zeitraum 2007 bis 2010 nahmen die Siedlungs- und Verkehrsflächen insgesamt um 2,7 Prozent zu, im Durchschnitt um 87 Hektar pro Tag. Die Zunahme der Gebäude- und Freiflächen ist stetig zurückgegangen und liegt inzwischen bei 30 Hektar pro Tag. Am stärksten wachsen die Siedlungs- und Verkehrsflächen in den dünn besiedelten Regionen außerhalb der Ballungszentren, dort vor allem am Rand kleiner Gemeinden. Gleichzeitig fallen viele Flächen und Gebäude in den Kommunen selbst brach.

Diese und viele weitere Trends der Raumentwicklung macht der Bericht mit mehr als 100 Karten und Abbildungen anschaulich. Aus der Analyse werden künftige räumliche Herausforderungen abgeleitet. Dazu zählen:
- die Herstellung gleichwertiger regionaler Lebensverhältnisse
- die Sicherung der Daseinsvorsorge
- die Erhaltung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit deutscher Regionen
- die Gewährleistung einer zukunftsfähigen Mobilität
- der Ausbau erneuerbarer Energieproduktion und der Schutz des Klimas
  sowie die Anpassung an den Klimawandel
- die Begrenzung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs-
   und Verkehrszwecke.
Schlussfolgerungen und Strategieempfehlungen für die Politik runden jedes Kapitel ab.

Die Aussagen des Raumordnungsberichtes basieren auf zahlreichen Datenquellen, die durch das räumliche Informationssystem des BBSR laufend erfasst und auf einem aktuellen Stand gehalten werden. Der Bericht richtet sich nicht nur an politische Entscheidungsträger, Wissenschaft und Raumordnungspraxis, sondern bietet allen fachlich Interessierten eine  verständliche, übersichtliche und räumlich konkrete Darstellung der Lebensbedingungen und Standortqualitäten in Deutschland. Die Veröffentlichung kann kostenfrei per E-Mail an Referat-I1@bbr.bund.de angefordert werden.

Weitere Informationen/Karten unter: 
www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/Sonderveroeffentlichungen/2012/ROB__2011.html#anker1

Kontakt:
Christian Schlag
Stab Wissenschaftliche Dienste
Tel. :+49 228-99401 1484
christian.schlag.@bbr.bund.de

Ansprechpartner im Fachreferat:
Klaus Einig, Referat I 1 – Raumentwicklung
Tel.: +49 228-99401 2303
klaus.einig@bbr.bund.de

Hintergrund:
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Es berät die Bundesregierung bei Aufgaben der Stadt- und Raumentwicklung sowie des Wohnungs-, Immobilien- und Bauwesens.
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