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Montag, 15. Dezember 2014

Lernen, wozu noch?

von Heiko Wruck
GLOSSE
Du brauchst gute Zensuren. Da habe ich mich um gute Zeugnisse bemüht. Du brauchst einen ordentlichen Beruf. Also ging ich in die Lehre. Kümmere dich um deine Karriere. Deswegen studierte ich vier Jahre.


Die Zensuren sind heute egal. In meinem Lehrberuf habe ich später nie wieder gearbeitet. Mein Studium spielt bei meinem Job keine Rolle. Irgendwann lernte ich, Stadtpläne zu lesen. Heute habe ich ein Navi. Der Sportunterricht wurde durch die Play Station ersetzt. Fremdsprachenkurse brauche ich auch nicht zu belegen. Es gibt etliche Online-Übersetzer. Für Mathe habe ich einen Taschenrechner und Supermarktkassen, die den Wechselgeldbetrag anzeigen. Lesen können, wozu noch? Die meisten Onlinedienste können geschriebene Texte auch sprechen. Geschichtsbewusstsein ist ebenfalls nicht mehr nötig. Die Typen von damals sind alle längst tot und den Rest kann man auf Wikipedia erfahren. Wer Musik hören will, geht auf YouTube. Was müssen also junge Menschen heute überhaupt noch erlernen? Vielleicht wie man Alten und Kranken aus dem Bett oder in selbiges hinein hilft, sie wäscht und füttert. In ein paar Jahren wird’s dafür Roboter geben. 

Widmen wir uns lieber der Kunst. Schließlich ist jeder ein Künstler. Das kann man nicht lernen.

Kontakt:
heiko.wruck@t-online.de
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