Müde und trotzdem nicht über den Tisch gezogen
von Constanze Jantsch
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Reportage
Moskau/gc. Die
letzte Metro fährt in Moskau um 1 Uhr nachts. Weiter geht es erst
wieder um halb 6 Uhr morgens. Wer also um 4 Uhr eine Party verlässt,
sollte vorher wissen, wie er nach Hause kommt.
Für Einheimische
ist das recht unproblematisch. Bewegt man sich jedoch als Ausländer mit
ungenügenden Russischkenntnissen im Nachtleben und möchte alleine den
Heimweg antreten, wird es schwieriger.
Ich wollte die Party einer
Geburtstag feiernden Freundin auf eigene Faust verlassen - die Beine
schwer, der Kopf voll. Eine gute Mischung, um sich mutig ein Taxi zu
bestellen. Taxi, ein offizielles, ist hier in Moskau unverschämt teuer,
kann auch ein Schwarztaxi sein, mit dem sich der kleine Mann etwas dazu
verdient. Letztere wurden mir durchweg von jedem empfohlen. Also raus
aus dem Club, vorbei an einem Pulk wartender Taxen, bis an die Straße.
Durch
das Fenster der Beifahrertür frage ich den Fahrer, ob er mich für 300
Rubel (zurzeit 8,80 Euro) in meine Straße fährt? 300 Rubel sind wirklich
wenig. Ich nahm diese Zahl nur, weil sie sich leichter aussprechen
lässt als 400. Der Fahrer, dunkle Haare, ein paar Falten, bartlos, kann
um die 45 gewesen sein. Schlank, dezent gekleidet, gepflegt. Er
verbesserte mich bei der Aussprache des Straßennamens, schlug prompt 400
Rubel vor, und ich stieg mutig ein.
Der Wagen war sauber, roch
nicht nach Qualm. So eine alte kantige Sowjet-Karre, Lada oder Wolga.
Vielleicht war sie schwarz, in jedem Fall dunkel. Ich liebe diese Autos,
denn sie haben so einen anderen Geruch.
Während der Fahrt, mehr
Patient als Passagier, hieß es, nicht die Orientierung zu verlieren und
schön mitzufahren. Gewarnt, dass man als Ausländer in Moskau durchaus
auch mal an ganz anderen Ecken abgesetzt wird als man es möchte, war die
Fahrt relativ schnell vor meiner Haustür zu Ende.
Als ich einmal
mit einem russischen Bekannten Taxi fuhr bemerkte ich, wie dieser erst
seine Scheine aus der Hand gab als er das Wechselgeld in der Hand des
Taxifahrers sah. Mehrfach davor gewarnt, dass am Ende einer Fahrt
durchaus auch ein anderer als der abgemachte Preis verlangt wird, sah
ich der Bezahlung meiner Tour entgegen.
Ein Tausendrubelschein
ist in so einer Situation eher ungünstig. Kleiner hab ich’s nicht. Da
ist sein Wechselgeld, wir tauschten die Scheine, ich steige aus, ohne
das Wechselgeld zu prüfen. Nur noch schlafen ... Er hätte mir auch nur
ein einfaches Stück Papier in die Hand drücken können, ich hätte es wohl
nicht bemerkt.
Am Morgen suchte ich das Wechselgeld in meinen
Sachen. Tatsächlich, ich wurde nicht über den Tisch gezogen, obwohl ich
ein leichtes Opfer gewesen wäre. Wie es wohl beim nächsten Mal läuft?
Constanze Jantsch
Constanze_Jantsch(at)web.de
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