Neuartige Glaskeramiken für die Zahnmedizin
Redaktion: Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Pressemitteilung
Jena/gc.
Das härteste Material des menschlichen Körpers wird von seinen
kräftigsten Muskeln bewegt: Wenn wir herzhaft in einen Apfel oder ein
Schnitzel beißen, wirken enorme Kräfte auf unsere Zahnoberflächen ein.
„Was
der natürliche Zahnschmelz aushalten muss, das gilt auch für
Zahnersatz, wie Inlays oder Brücken“, sagt der Glaschemiker Prof. Dr.
Dr. Christian Rüssel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Schließlich werde dieser genauso beansprucht, wie die gesunden Zähne.
Bisher verfügbare Keramikmaterialien eignen sich wenig als Materialien
für Brücken, da hierzu die Festigkeit meist nicht ausreicht.
Jetzt
ist es Prof. Rüssel und seinen Kollegen vom Otto-Schott-Institut für
Glaschemie gelungen, neuartige Glaskeramiken mit einer nanokristallinen
Struktur herzustellen, die aufgrund ihrer hohen Festigkeit und ihrer
optischen Eigenschaften für den Einsatz in der Zahnmedizin geeignet
erscheinen. Ihre Forschungsergebnisse haben die Glaschemiker der
Universität Jena kürzlich in der Online-Ausgabe des Fachmagazins
„Journal of Biomedical Materials Research“ veröffentlicht (doi:
10.1002/jbm.b.31972).
Die Glaskeramiken auf der Basis von
Magnesium-, Aluminium- und Siliziumoxid zeichnen sich durch eine enorme
Festigkeit aus. „Wir erreichen damit rund fünfmal höhere Festigkeit als
bei vergleichbaren, heute verfügbaren Zahnersatzkeramiken“, erläutert
Prof. Rüssel. Die Jenaer Glaschemiker arbeiten bereits seit längerem an
hochfesten Keramiken, bisher jedoch für Anwendungen in anderen
Bereichen, etwa als Basis neuer leistungsfähiger Computerfestplatten.
„Durch
die Kombination mit neuen optischen Eigenschaften eröffnet sich für
diese Materialien jetzt der Bereich der Zahnmedizin als weiteres
Anwendungsfeld“, ist Prof. Rüssel überzeugt.
Materialien, die als
Zahnersatz in Frage kommen sollen, dürfen sich optisch nicht von den
natürlichen Zähnen unterscheiden. Dabei ist nicht nur der richtige
Farbton wichtig. „Der Zahnschmelz ist auch teilweise durchscheinend, was
die Keramik ebenfalls sein sollte“, so Prof. Rüssel.
Um
diese Eigenschaften zu erreichen, werden die Glaskeramiken nach einem
genau festgelegten Temperaturschema hergestellt: Zunächst werden die
Ausgangstoffe bei rund 1.500 °C geschmolzen, abgekühlt und fein
zerkleinert. Anschließend wird das Glas erneut geschmolzen und wieder
abgekühlt. Durch kontrolliertes Erhitzen auf rund 1.000 °C werden
schließlich Nanokristalle erzeugt.
„Diese Prozedur bestimmt die
Kristallbildung, die für die Festigkeit des Produkts ausschlaggebend
ist“, erläutert der Glaschemiker Rüssel. Doch das sei eine technische
Gratwanderung. Denn ein zu stark kristallisiertes Material streut das
Licht, wird lichtundurchlässig und sieht aus wie Gips. Das Geheimnis der
Jenaer Glaskeramik liegt darin, dass sie aus Nanokristallen besteht.
Diese haben eine durchschnittliche Größe von höchstens 100 Nanometern.
„Sie sind zu klein, um das Licht stark zu streuen und deshalb wirkt die
Keramik transluzent, wie ein natürlicher Zahn“, sagt Prof. Rüssel.
Bis
die Materialien aus dem Jenaer Otto-Schott-Institut als Zahnersatz
praktisch zum Einsatz kommen können, ist allerdings noch einiges an
Entwicklungsarbeit notwendig. Doch die Grundlagen, da ist sich Prof.
Rüssel sicher, sind geschaffen.
Original-Publikation:
Dittmer
M, Rüssel C.: Colorless and high strength MgO/Al2O3/SiO2 glass-ceramic
dental material using zirconia as nucleating agent. J Biomed Mater Res B
Appl Biomater. 2011 Nov 21. doi: 10.1002/jbm.b.31972
Prof. Dr. Dr. Christian Rüssel
Otto-Schott-Institut für Glaschemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fraunhoferstr. 6
07743 Jena
Tel.: 03641-94 85 01
Christian.Ruessel@uni-jena.de
Bildunterschrift 1:
An
einem Schmelzofen in der Schmelzhalle des Otto-Schott-Instituts für
Glaschemie der Universität Jena. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
Bildunterschrift 2:
Mit
einer glühenden Glasprobe arbeitet die Materialwissenschaftlerin Ulrike
Veit in der Schmelzhalle des Otto-Schott-Instituts für Glaschemie der
Universität Jena. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
Bildunterschrift 3:
Prof. Dr. Dr. Christian Rüssel von der Universität Jena. Foto: Anne Günther/FSU
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