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Montag, 28. Oktober 2013

Zwei Demos in einem Zug

Proteste gegen Schweine und Windenergie
von Heiko Wruck
BERICHT
Parchim/gc. In der Kreistadt Parchim brodelt es. Dort wollen Bürger gegen die Einrichtung und Erweiterung von Windparks im Parchimer Umland sowie einer Schweine-Großmästerei auf die Straße gehen. Der Treff erfolgt am 30. Oktober 2013 bereits um 15.30 Uhr am Landratsamt in Parchim, Putlitzer Straße. Die Demonstration formiert sich 16 Uhr am Landratsamt.

Der Demonstrationszug setzt sich anschließend bis zirka 16.45 Uhr in Richtung Innenstadt fort und endet vor dem Rathaus mit einer Ansprache – verbunden mit der Übergabe einer Petition. Die Gegner der Schweinemastanlage befürchten eine massive Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität und einen Schaden für die touristische Entwicklung des Landstrichs. Nach ihren Angaben ist zu erwarten, dass in Dargelütz ein holländischer Investor eine Schweinemästerei für 15.500 Tiere errichten will.

Sie wollen dieses Projekt stoppen, denn für sie ist eine industrielle Messentierhaltung weder tiergerecht, nachhaltig und auch längst nicht mehr zeitgemäß. Sie befürchten außerdem massive Geruchs- und Keimbelastungen, die nicht nur ihre Lebensqualität, sondern auch ihre Gesundheit beeinträchtigen könnten. Außerdem befürchten sie eine massive Zunahme des Schwerlastverkehrs, denn diese Großanlage müsste zwangsläufig über die örtlichen Landstraßen versorgt werden. Durch den Betrieb der Schweinemast in solch großen Dimensionen würden auch erhebliche Umweltbelastungen, insbesondere für Böden und Gewässer, zu befürchten sein. Die Bürgerinitiative wendet sich mit ihrem Protest auch gegen die zu erwartenden massiven Landkäufe seitens des Investors, eine dadurch verursachte Bodenpreissteigerung und eine weitere Destabilisierung des bäuerlichen Gefüges in Mecklenburg. Auch die Seuchengefahr sei bei einer so großen Anlage ein besonderes Problem mit extremer Brisanz.
Die Demonstration ist als Trecker-Parade von der Bürgerinitiative angemeldet worden. Unter dem Motto »Bauernhof statt Agrarfabrik im Parchimer Umland« will die Bürgerinitiative Dargelütz Demonstrationsmaterial für die Traktoren zur Verfügung stellen und hofft, dass möglichst viele Landwirte sich mit ihren Traktoren an der demonstration beteiligen. Parallel mit der Bürgerinitiative Dargelütz ruft »Windkraft-Wie Weiter?«, Interessenvertretung von Einzelpersonen und Vertreter der Bürgerinitiativen Dargelütz, Parchim, Neuburg, Hof Bergrade, zum Protest gegen die Errichtung und Erweiterung von Windparks für den selben Tag auf.

Ebenfalls am 30. Oktober 2013 veranstaltet sie eine Demonstration gegen einen Windpark im Parchimer Umland. »Wir sind ausdrücklich nicht gegen eine Nutzung von Windenergie als alternative Energieform. Wir sind auch nicht dagegen, solche Anlagen hier in MV zu produzieren. Wir sind aber ausdrücklich dafür, dass dieses verantwortungsvoll unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte und aktueller Erkenntnisse bei der Planung geschieht, als insbesondere auch in der Frage des Schutzes der Wohnumwelt und der Gesundheit der betroffenen Anwohner«, heißt es hierzu auf der Internetseite www.windkraft-wie-weiter.de.

Die Gegner der Windkraftanlagen vor den Toren Parchims empören sich: die Baugenehmigung des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) für die ersten  9 Windenergieanlagen lägen vor. Zwar haben die klageberechtigte Bürger Widerspruch eingelegt, aber das StALU weist darauf hin , dass dann, wenn dieser Widerspruch zurückgewiesen würde, nach Verwaltungsgesetz Par. 15 Abs. 3 S. 1 und 2 – dann könnte eine Gebühr bis zur Höhe der Kosten für die Genehmigung – immerhin über 80.000 Euro – auf den Widersprechenden zukommen.

Wer kann sich schon einer solchen Androhung beziehungsweise Vollstreckung aussetzen? Deswegen hätten alle Unterzeichner dieses Widerspruches noch vor Beginn der sachlichen Bearbeitung ihren Wiederspruch gegen diese Baugenehmigung zurück gezogen. Zwar haben die Bürger bereits im ersten Schritt die Klagekosten von rund 15.000 Euro aufgebracht, aber die die nächste Hürde ist mit den neu angesagten Gebühren praktisch unüberwindlich gemacht worden. Eine Klage per Eilverfahren sei jetzt seit mehr als einem Jahr anhängig, werde aber nicht weiter bearbeitet. Die zuständige Richterin ginge in den Ruhestand, ohne den Vorgang abzuschließen.  So habe das StALU Zeit, die Baugenehmigung zu bescheiden.

Wenn der Protestzug schließlich auf dem Parchimer Rathausplatz angekommen sein wird, soll dort nochmals lautstark Volkes Wille bekundet werden. Um 17 Uhr beginnt dort die 32. Stadtvertretersitzung.

Bildunterschrift 1:
Bürger in und um Parchim wollen demonstrieren: Dietlind Gohle als Vorsitzende des Vereins Gegenwind Parchim e.V. sowie Dr. Ing. Henry Daartz von der Projektgruppe Neuburg unterstützen die Bürgerinitiative Dargelütz und rufen die Bürger, Unternehmer, aber auch die Landwirte auf, an dieser Demonstration gegen die Schweine-Großmästerei und gegen den Windpark teilzunehmen. Foto: Verein

Bildunterschrift 2:
Größte Sauenanlage Europas in Alt Tellin, Mecklenburg-Vorpommern: Die gleichzeitige Haltung von 10.500 Muttersauen ist eine neue Dimesion in der industriellen Schweinehaltung in Europa. Mit der geplanten Erweiterung sollen 360.000 Ferkel pro Jahr produziert werden: Gegen die Errichtung einer ähnlichen Anlage gehen die Bürger in Parchim am 30.Oktober 2013 auf die Straße. Foto: BUND

Kontakt:
heiko@wruck.org
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