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Freitag, 2. Mai 2014

Hautkrebs: Erfolgreiche Blockade

Überraschende Ergebnisse, Untersuchungen nötig
Redaktion: Julius-Maximilians-Universität Würzburg
 
PRESSEMITTEILUNG
Würzburg/gc.  Mit einem neuen Wirkstoff konnten Wissenschaftler der Universitätsklinik Würzburg das Wachstum von Hautkrebszellen stoppen. Ob dieser Hemmstoff therapeutisch eingesetzt werden kann und ob er auch bei Tumorzellen anderer Krebsarten wachstumshemmend wirkt, müssen weitere Untersuchungen zeigen.
Viren können nicht nur lästige und unangenehme Infektionen, wie Grippe oder Masern, auslösen. Sie sind auch für eine Reihe von Krebserkrankungen beim Menschen verantwortlich. Ein Beispiel dafür ist das Merkelzell-Karzinom – eine seltene, aber hoch aggressiven Form von Hautkrebs. Hier konnten Wissenschaftler vor rund sechs Jahren nachweisen, dass in etwa 80 Prozent aller Karzinome ein Virus vorliegt – das sogenannte Merkelzell-Polyomavirus.

Wie Viren Krebs auslösen
Der genaue Mechanismus, wie das Virus die Zellen dazu bringt, sich ungebremst zu teilen und zu vermehren, ist noch nicht bekannt. Klar ist allerdings, dass spezielle, vom Virusgenom kodierte Proteine – im Fachjargon T-Antigene genannt – eine zentrale Rolle dabei spielen. Aus Untersuchungen an verwandten Tumorviren ist bekannt, dass die T-Antigene in der Lage sind, in den Zellen das sogenannte Retinoblastoma-Protein zu inaktivieren, dessen Funktion es ist, unkontrollierte Vermehrung der Zellen zu verhindern.

Das Zusammenspiel von T-Antigen und Retinoblastom-Protein bietet sich deshalb als Angriffspunkt für eine potenzielle Therapie an. Ob sie zum gewünschten Erfolg führt, haben Wissenschaftler aus der Universitäts-Hautklinik in Würzburg jetzt untersucht. Die Ergebnisse ihrer Studie haben sie in der Fachzeitschrift PLOS One veröffentlicht.

Angriff am Vermittlerprotein
„Damit das T-Antigen mit dem Retinoblastom-Protein interagieren kann, braucht es quasi als Vermittler ein spezielles Protein – das sogenannte Hitzeschock-Protein HSP70“, sagt Christian Adam, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitäts-Hautklinik und Erstautor der Studie. Adam und seine Mitarbeiter haben deshalb HSP70 mit einem chemischen Inhibitor blockiert und die Folgen untersucht. Die Ergebnisse waren vielversprechend.

„Wir haben in einem ersten Schritt untersucht, welche der insgesamt 17 Varianten der Mitglieder der HSP70-Familie in den Zellen vorhanden sind“, erklärt Adam. Analysiert wurden dafür mehrere Merkelzell-Krebslinien sowie andere Krebszellen zum Vergleich. Dabei zeigte sich eine Variante in deutlicher Mehrheit: die HSC70-Isoform. „Vor ihr ist bekannt, dass eine hohe Konzentration in den Krebszellen einhergeht mit einer schlechten Prognose für den Patienten“, so Adam. Oder anders formuliert: HSC70 ist anscheinend gut für das Tumorwachstum.

Anschließend haben die Wissenschaftler untersucht, was passiert, wenn sie HSC70 mit dem spezifischen Inhibitor, der von einem Kooperationspartner in den USA entwickelt wurde, blockierten. Auch hier war das Ergebnis eindeutig: „Von den sieben Zelllinien, mit denen wir gearbeitet haben, starben fünf nach der Behandlung ab“, sagt Adam. Dieser Erfolg zeigte sich nicht nur in der Zellkultur, sondern auch im Tierversuch. Ein Ergebnis, das nach Adams Worten „ein gewisses Maß an Hoffnung“ zulässt.

Ein Ergebnis mit Überraschung
Was die Angelegenheit allerdings ein wenig verkompliziert, ist die Tatsache, dass die Reaktion der Zellen unabhängig vom Befall mit Viren auftrat. „Wir haben den Einfluss des HSC70-Hemmers sowohl an Zellen getestet, die Viren tragen, als auch an Zellen ohne Virenbefall“, sagt Adam. In beiden Gruppen reagierten einige Linien äußerst empfindlich auf die Behandlung, andere allerdings gar nicht.

Ein Ergebnis, das auf unterschiedliche Arten interpretiert werden kann. Zum einen legt es den Schluss nahe, dass ein HSC70-Hemmer sich bei verschiedenen Tumorarten als Medikament anbietet, bei denen in den Zellen das Protein in erhöhter Konzentration vorliegt – unabhängig davon, ob ein Virus das Tumorwachstum ausgelöst hat oder eine andere Ursache dafür verantwortlich ist.

Weitere Untersuchungen sind nötig
Die andere Erklärung sieht so aus: „Nur weil bislang nicht in allen Merkelzell-Krebslinien Viren nachgewiesen werden konnten, bedeutet das nicht, dass kein Virus am Entstehen beteiligt war“, sagt Adam. Es könnte genauso gut sein, dass die Nachweismethoden nicht empfindlich genug waren, um das Virenerbgut aufzuspüren. Oder die Zellen haben die Viren wieder ausgestoßen, nachdem sie von ihnen dazu gebracht wurden, sich ungebremst zu vermehren.

Viele Fragen also, die noch geklärt werden müssen, bevor ein neues Medikament für den Kampf gegen den Krebs auf dem Markt ist. Bis es soweit ist, sind „noch viele weitere Studien und Tests notwendig“, so Adam. Auch wenn die bisherigen Ergebnisse vielversprechend seien.

Das Merkel-Zell-Karzinom
Merkelzell-Karzinome sind, verglichen mit anderen bösartigen Tumoren der Haut, relativ selten. Pro Jahr erkranken zwei bis drei unter einer Million hellhäutiger Menschen daran. Allerdings steigt die Häufigkeit in den vergangenen Jahren stark an. Die Krebsart tritt überwiegend bei älteren Menschen auf; gehäuft findet sie sich auch bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, beispielsweise bei Patienten nach einer Organtransplantation oder mit einer AIDS-Infektion. Das waren Gründe, warum man bei dieser Erkrankung nach einem beteiligten Virus gesucht und ihn schließlich auch gefunden hat. Ultraviolettes Licht ist ein weiterer Risikofaktor.

Weshalb in rund 20 Prozent der Merkel-Zell-Karzinome keine Viren zu finden sind, ist unklar. Eine Erklärung dafür lautet, dass es sich beim Merkel-Zell-Karzinom um zwei oder mehr eng verwandte Krebsarten handelt, von denen nur eine mit den Merkelzell-Polyomaviren infiziert ist.

Publikation:
The HSP70 Modulator MAL3-101 Inhibits Merkel Cell Carcinoma. Christian Adam, Anne Baeurle, Jeffrey L. Brodsky, Peter Wipf, David Schrama, Jürgen Christian Becker, Roland Houben.PLoS ONE 9(4): e92041. doi:10.1371/journal.pone.0092041

Kontakt:
Christian Adam
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