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Dienstag, 21. Oktober 2014

Chance und Schwäche

Studie Digitaler Journalismus
Redaktion: Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation
PRESSEMITTEILUNG
München/gc. In Berlin wurde am 16. Oktober 2014 die Studie „Digitaler Journalismus. Dynamik – Teilhabe – Technik“ vorgestellt. Es handelt sich um eine erste systematische Beschreibung von Produktions- und Wirkungsformen journalistischer Arbeit in der digitalen Moderne.

Die Studie ermöglicht es, Veränderungen im Berufsfeld von Journalisten detailliert nachzuvollziehen und neue publizistische Funktionalitäten im Bezug auf die digitale Öffentlichkeit zu verstehen. Die Untersuchung entstand als gemeinsames Forschungsprojekt der Universität Hamburg, der Hochschule Macromedia sowie der TU Dortmund unter Leitung von Prof Dr. Stephan Weichert (Hochschule Macromedia) und Prof. Dr. Volker Lilienthal (Universität Hamburg).

Die digitalen Medien haben das journalistische Arbeiten tiefgreifend verändert. Das betrifft Recherchewege, Darstellungsformen, redaktionelle Abläufe und Nutzerpartizipation gleichermaßen. Mit „Digitaler Journalismus. Dynamik – Teilhabe – Technik“ (Leipzig 2014) legen die beiden Projektleiter, die Journalismusforscher Stephan Weichert und Volker Lilienthal, und ihr Team eine Studie vor, die den Status quo journalistischer Praxis in Deutschland systematisch abbildet, richtungsweisende Angebote und Praktiken identifiziert und daraus Handlungsempfehlungen für die Medienpraxis ableitet. Herausgeber der Studie ist die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (lfm).

Weichert: „Digitaler Journalismus bedeutet einen Epochenwechsel“
Dazu Prof. Dr. Stephan Weichert von der Hochschule Macromedia: „Ausgehend von der Erfindung des World Wide Web erleben wir seit einem Vierteljahrhundert einen digitalen Strukturwandel der Öffentlichkeit, der auch in Bezug auf das journalistische Arbeiten einem Epochenwechsel gleichkommt. Als Zeuge und Akteur ist der Journalist doppelt in diesen Veränderungsprozess involviert, sein Berufsbild hat sich technologisch-publizistisch ebenso wie inhaltlich radikal verändert. Die Studie entspringt dabei dem Wunsch, die journalistische Praxis aus einem übergeordneten, wissenschaftlichen Blick heraus neu zu vermessen. Wir wollten Vermutungen bezüglich veränderter gesellschaftlicher Funktionalitäten des ‚Digitalen Journalismus‘ in Gewissheiten überführen und den praktizierenden Journalisten einen gesicherten Bezugsrahmen für das redaktionelle Tagesgeschäft ebenso wie für die strategische Weiterentwicklung ihrer Formen und Formate geben.“

Chance und Schwäche zugleich: Dialogisierung
Die Auffächerung von Medien und Medienformaten sowie ihre zeit- und ortssouveräne Nutzung eröffnet enorme Chancen in Hinblick auf den journalistischen Dialog mit Rezipienten. „Der Digitale Journalismus kann eine konsequente Teilhabe des Publikums in einem medienhistorisch gesehen revolutionären Ausmaß bedeuten“, schreiben die Verfasser. „Von der Kommentierung und Diskussion einzelner publizistischer Beiträge über den Transfer von Argumenten in den journalistischen Produktionsprozess bis hin zur tatsächlichen Mitwirkung der Nutzer bei Recherchen, der kollektiven Bearbeitung von Dokumenten oder bei der Fortschreibung journalistischer Geschichten.“ Entsprechend zeigten die meisten befragten Redaktionsverantwortlichen in den Leitfadengesprächen ein ausgeprägtes Bewusstsein von der Außergewöhnlichkeit und Komplexität des zu bewältigenden Strukturwandels. Trotzdem geht aus der Studie auch hervor, dass die tatsächliche redaktionelle Praxis hinter den Möglichkeiten zurückbleibt. Journalistische Websites hätten sich „der Nutzerpartizipation konzeptionell geöffnet – allerdings in einem eng definierten Sinne“, heißt es. Sie böten „überwiegend Funktionen an, die sich auf ein Nutzer-Feedback beschränken“. Und auch anhand der Befragung von Journalisten und Bloggern kommen das Autorenteam zu dem Schluss, dass „die durchschnittliche Partizipation eher als lästige Pflicht angesehen wird.“

Dazu Stephan Weichert: „Um die gängige Praxis der einseitig kommunizierenden Massenmedien in echte dialogorientierte Redaktionsprozesse zu überführen, bedarf es der massiven Investition in redaktionelle Kapazitäten und der Bereitstellung innovativer Aus- und Weiterbildungsangebote. Diesen Bedarf haben aktuell erst wenige Medienunternehmen erkannt. Doch wird das dialogisch-partizipatorische Moment des Digitalen Journalismus immer wichtiger – sowohl, was das professionelle Audience Engagement, die redaktionelle Transparenz, aber auch die Entwicklung neuer Finanzierungsmodelle für journalistische Produkte angeht. Der Social Journalism ist hier auf breiter Front auf dem Vormarsch.“

Methodik der Untersuchung
Die Studie „Digitaler Journalismus“ beruht auf sechs empirischen Untersuchungen: eine quantitative Inhaltsanalyse partizipiativer Formen und Formate im Digitalen Journalismus und eine qualitative Deskription der partizipativen Angebote auf ausgewählten journalistischen Websites sowie Leitfadengespräche mit Redaktionsverantwortlichen, eine Beobachtung von Arbeitsprozessen und Automatisierungstendenzen in Online-Redadaktionen, eine Vignettenanalyse zur Bewertung von Nutzer-Input durch Journalisten sowie eine Netzwerkanalyse zum Nutzerdialog auf journalistischen Websites.

Volker Lilienthal, Stephan Weichert, Dennis Reineck, Annika Sehl, Silvia Worm (2014): Digitaler Journalismus. Dynamik – Teilhabe – Technik. Leipzig (Vistas), 2014. Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Band 74. ISBN 978-3-89158-604-4.

Weitere Informationen:
Zusammenfassung der Studie:

Aussender:
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