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Montag, 27. Oktober 2014

Wir helfen Kriminalitätsopfern

Ohne Ehrenamt geht im Weissen Ring nichts
von Heiko Wruck
BERICHT
Schwerin/gc. Für die Renterin war es eine Katastrophe. Plötzlich kam ein junger Mann von hinten an sie herangestürmt und entriss ihr im Vorbeilaufen die Handtasche. Kurz zuvor hatte sie Bargeld aus dem Automaten gezogen, um ein paar Einkäufe zu erledigen. Eine Chance gegen den dreisten Dieb hatte sie nicht. Mit dem Diebstahl ihrer Handtasche hatte sie von einer Sekunde auf die andere alles verloren: Ausweis, EC-Karte, Haus- und Wohnungsschlüssel, das Handy und das gerade abgehobene Bargeld.

„Zum Glück hat sie keine körperlichen Schäden zu erleiden gehabt“, sagt Wolfgang Winterfeld. Der 59-Jährige ist ehrenamtlich als Außenstellenleiter Schwerin für den Weissen Ring tätig. Die bundesweite Hilfsorganisation für Opfer von Straftaten ist in ganz Europa unter der kostenfeien Telefonnummer 116 006 rund um die Uhr zu erreichen. Im Landkreis Ludwigslust-Parchim und in der Landeshauptstadt Schwerin arbeiten zurzeit zirka 15 ehrenamtliche Mitarbeiter beim Weissen Ring.

Relativ neu dabei ist Bernd Meyer aus Schwerin. Nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben suchte er mehrere Jahre nach einer erfüllenden Beschäftigung als Rentner und fand diese schließlich beim Weissen Ring. „Menschlicher Beistand und konkrete Hilfe sind gerade bei Opfern von Straftaten besonders wichtig. Ihnen ganz unmittelbar und uneigennützig helfen zu können, hat bei mir den Ausschlag gegeben, mich im Weissen Ring zu engagieren.“

Die Mitarbeiter des Weissen Rings sind grundsätzlich ehrenamtlich tätig. Sie geben Beistand, leisten eine persönliche Betreuung, helfen im Umgang mit Behörden und begleiten zu Gerichtsterminen. So genannte Hilfeschecks machen eine anwaltliche Erstberatung,  eine psychotraumatologische Erstberatung oder eine rechtsmedizinische Untersuchung möglich. Es sind auch Rechtsschutz, Opferanwälte, der Zugriff auf einen eigens für Opfer sexuellen Missbrauchs eingerichteten Fonds, Erholungsmaßnahmen sowie weitere finanzielle Zuwendungen möglich. Kennen gelernt hat Bernd Meyer den Weissen Ring 2013 an einem Infostand auf der Ehrenamtsmesse in Schwerin.

„Viele Menschen wissen nicht, von wem und wo sie als Opfer einer Straftat Hilfe bekommen können. Auch der mit dem Begriff Opferentschädigungsgesetz können sie in der Regel nichts anfangen. Es kommt hinzu, dass die meisten Opfer traumatisiert sind. Und genau hier setzt die Hilfe des Weissen Rings an“, sagt Wolfgang Winterfeld. 39 Fälle haben seine Mitarbeiter und er von Januar bis September 2014 im Landkreis Ludwigslust-Parchim und in Schwerin bislang betreut. Jeder Einzelfall ist ein Schicksalsschlag für den Betroffenen. Da braucht es Einfühlungsvermögen, Lebenserfahrung und Sachverstand, um zu helfen. Hierfür sucht der Weisse Ring ständig weitere ehrenamtliche Mitarbeiter.

Das gegenwärtige Durchschnittsalter der Mitarbeiter im Landkreis Ludwigslust-Parchim und in Schwerin liegt bei über 50 Jahren. „Schön wäre es, könnten wir neben den Ruheständlern, die viel Lebenserfahrung mitbringen, auch jüngere Mitarbeiter gewinnen, die noch voll im Berufsleben stehen“, sagt Bernd Meyer. Denn es ist für den Weissen Ring wichtig, auch in den Unternehmen sowie in den Verwaltungen präsent zu sein, um neue Mitglieder zu gewinnen. Die werden gebraucht, um die ehrenamtliche Opferhilfe des Weissen Rings in die nächste Generation zu tragen. Eine einfache Mitgliedschaft kostet 2,50 Euro im Monat. Ehepaare zahlen 3,75 Euro.

Bildunterschrift:
Wolfgang Winterfeld (59) und Bernd Meyer (73) sind als ehrenamtliche Opferberater im Weissen Ring tätig. Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
heiko@wruck.org
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