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Mittwoch, 5. November 2014

Mythos Trümmerfrau

Den Kriegsschutt räumten andere weg
Redaktion: Universität Duisburg-Essen
PRESSEMITTEILUNG
Duisburg/gc. Wer hat nach dem Krieg die Schuttberge weggeräumt? Meist nicht Trümmerfrauen, obwohl dies viele meinen. Zu diesem Ergebnis kommt die Historikerin Leonie Treber in ihrer Dissertation, die sie an der Universität Duisburg-Essen (UDE) ablegte.

Ihre auch als Buch erschienene Arbeit wurde jetzt mit dem begehrten Nachwuchspreis der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung ausgezeichnet. Treber: „Das Räumen der im Luftkrieg anwachsenden Trümmermassen begann schon im Krieg. Verpflichtet wurden vor allem Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge. Aber auch Bauhandwerker und Wehrmachtsangehörige waren im Einsatz.“ Nach dem Krieg wurden in erster Linie professionelle Firmen mit schwerem Gerät und Fachkräften beauftragt. Zur Sühne mit einbezogen waren auch ehemalige Parteimitglieder und deutsche Kriegsgefangene. Fehlten Arbeitskräfte, versuchte man dies durch Bürgereinsätze und dienstverpflichtete Arbeitslose auszugleichen.

Dies waren in der Regel Männer: Denn in der amerikanischen und französischen Besatzungszone war man strikt dagegen, Frauen in die Trümmerräumung einzubinden. In der englischen Zone griff man zwischen 1945 und 1947 nur auf eine geringe Zahl von arbeitslosen Frauen zurück. Anders war es in Berlin und in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ): Hier wurden relativ viele Frauen eingesetzt. Und genau hier entstand auch der Mythos um die Trümmerfrauen.

Treber: „Es gab regelrechte Medienkampagnen, um für die Beteiligung von Frauen an der Trümmerräumung zu werben. Daran konnte die DDR in den fünfziger Jahren nahtlos anknüpfen. Die Trümmerfrau wurde schnell und dauerhaft zu einem Vorbild für die Gleichberechtigung und den Aufbau des Sozialismus.“ In der Bundesrepublik galt sie dagegen lange Jahre als „arme Schwester“ im Osten, die zur Schwerstarbeit gezwungen wurde.

Zu einer Ikone des Wiederaufbaus avancierte die Trümmerfrau im Westen erst in den achtziger Jahren parallel zur aufkommenden Frauengeschichtsschreibung und den aktuellen Rentendebatten. Treber: „Hier erweiterte sich der Begriff auch radikal. Er bezeichnete fortan die gesamte Generation all jener Frauen, die die Nachkriegszeit als Erwachsene erlebt hatten. Und diese Frauen wurden nun zu den Grundsteinlegerinnen des bundesrepublikanischen Wirtschaftswunders erklärt.“

Weitere Informationen:
Publikation - Mythos Trümmerfrauen. Von der Trümmerbeseitigung in der Kriegs- und Nachkriegszeit und der Entstehung eines deutschen Erinnerungsortes, Klartext-Verlag Essen, 484 Seiten

Kontakt:
Dr. Leonie Treber
leonie.treber@uni-due.de

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