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Montag, 16. März 2015

Im Namen des Herrn

Starke Kirchen hemmen Integration
Redaktion: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH
PRESSEMITTEILUNG
Berlin/gc. Je stärker die staatliche Unterstützung für christliche Kirchen, desto verbreiteter sind Vorbehalte gegenüber muslimischen Migranten in der Bevölkerung. Gesetzliche Regelungen wie der Schutz von Feiertagen, das Einziehen von Kirchensteuern oder konfessioneller Religionsunterricht an Schulen stärken eine christliche Kulturidentität und erschweren die Integration anderer religiöser Gruppen.


Das zeigt eine Studie der Politikwissenschaftler Marc Helbling vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Richard Traunmüller von der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Dass die Forscher ihre Analysen auf Daten aus dem kleinen Land Schweiz gründen, tut der Aussagekraft keinen Abbruch. „Zwischen den 26 Kantonen variieren die religionspolitischen Regime ähnlich breit wie zwischen einzelnen westeuropäischen Ländern“, erklärt Marc Helbling. „Die Schweiz kann daher in dieser Frage als eine Art Labor für ganz Europa gelten.“

Die Studie zeigt: In Kantonen, die den christlichen Kirchen eine starke Stellung einräumen, neigen die Befragten eher zu Aussagen wie der, es gebe zu viele muslimische Einwanderer im Land. Sie vertreten auch eher die Ansicht, dass Angehörige der muslimischen Religion nicht das Recht haben sollten, Minarette zu bauen oder öffentlich ein Kopftuch zu tragen. „Besonders interessant war für uns, dass symbolisch-kulturelle Aspekte wie etwa die Aufnahme des christlichen Kreuzes in eine Kantonsflagge bedeutsamer zu sein scheinen als konkrete finanzielle Unterstützung der Kirchen“, berichtet Marc Helbling. Offensichtlich würden in Gesellschaften, deren kollektive Identitäten und öffentliche Institutionen deutlich christlich geprägt sind, Muslime eher als Bedrohung wahrgenommen.

Um individuelle Einstellungen zu messen, haben die Forscher Daten der schweizerischen Wahlumfrage von 2011 benutzt, in der 2.500 Schweizer zu ihrer Haltung zum muslimischen Kopftuch und zum Bau von Minaretten befragt wurden. Diese Daten wurden in Beziehung gesetzt zu Auswertungen der politischen Regulierung von Religion auf kantonaler Ebene. In Anlehnung an den international vergleichenden Religion Support Index von Jonathan Fox wurde unter anderem gemessen, ob Kirchen und kirchliche Hilfsorganisationen finanziell unterstützt werden, ob Kirchensteuern eingezogen werden, ob religiöse Feiertage gesetzlich geschützt sind oder ob religiöse Symbole auf kantonalen Flaggen vorhanden sind.

Die Studie von Marc Helbling und Richard Traunmüller ist als Working Paper im Social Science Research Network online erschienen. Eine Kurzfassung finden Sie im Märzheft der Vierteljahresschrift WZB-Mitteilungen unter dem Titel „Regeln – und was sie bewirken. Das Verhältnis von Staat und Religion prägt die Einstellung zu Muslimen“.

Pressekontakt:
Dr. Marc Helbling
Leiter der Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe
Einwanderungspolitik im Vergleich
Tel.: +49 30 25491 449
marc.helbling@wzb.eu

Gabriele Kammerer
Referat Information und Kommunikation
Tel.: +49 30 25491 517
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Aussender:
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH
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