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Donnerstag, 3. Dezember 2015

Dunkelfeldstudie der Landespolizei

Licht ins Dunkel der Kriminalitätslage bringen 
Redaktion: Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern
PRESSEMITTEILUNG
Schwerin/gc. Im Zusammenwirken mit der Universität Greifswald und der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Güstrow hat das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag des Innenministeriums von Januar bis Februar 2015 auf eigens dafür entwickelten Fragebögen über 8.000 Einwohner unseres Landes zu ihren Kriminalitätserfahrungen und -ängsten befragt. Innenminister Lorenz Caffier und der Direktor des Landeskriminalamts Ingolf Mager stellten am 1. Dezember 2015 die Ergebnisse dieser ersten Dunkelfeldstudie vor.


Gegenstand der Dunkelfeldstudie ist eine landesweite Befragung der Bevölkerung Mecklenburg-Vorpommerns zu ihren Erfahrungen mit Kriminalität, zur Opferwerdung, zum sozialen Umfeld und zum Sicherheitsgefühl sowie der damit einhergehenden Bewertung und Beurteilung der polizeilichen Arbeit bezogen auf das Kalenderjahr 2014. Die Teilnahmequote von 40,4% der insgesamt 8.151 per Zufallsstichprobe ausgewählten und befragten Bürgerinnen und Bürger unseres Landes unterstreicht das hohe Interesse der Bevölkerung am Thema und die Notwendigkeit für die öffentliche Sicherheit. 3.170 der zurückgesandten Fragebögen waren statistisch auswertbar und machen die Statistik repräsentativ für die Bevölkerung Mecklenburg-Vorpommerns.

„Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik spiegeln nur das sogenannte Hellfeld wieder. Vieles spielt sich aber im Dunkeln ab und wird den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt, weil aus den unterschiedlichsten Gründen keine Anzeigen gemacht werden“, sagt Innenminister Lorenz Caffier. „Die wissenschaftliche Methodik bei diesem Projekt und der damit verbundene hohe qualitative wie quantitative Anspruch konnten uns im Ergebnis wichtige Erkenntnisse liefern.“ Auch wenn das gewonnene Datenmaterial noch weitgehender und detaillierter untersucht werden muss, lassen sich erste Ergebnisse durchaus ableiten.

Die Kriminalität in Mecklenburg-Vorpommern hat eine andere Zusammensetzung als sie bisher aus der Betrachtung des Hellfeldes (PKS) bekannt war. Dieses Ergebnis ist nicht überraschend, doch im Ergebnis der im Zuge der Projektauswertung festgestellten Zusammensetzung lässt es sich heute deutlich präzisieren.

So sind 40,3 % der Bürger in einem Alter von über 16 Jahren im vergangenen Jahr mindestens einmal Opfer einer Straftat geworden oder es ist versucht worden, sie durch eine Straftat zu schädigen. Laut Dunkelfelduntersuchung wurde nur etwa jede 14. Straftat angezeigt. Aus der Hochrechnung der Straftatengruppen ergibt sich für Mecklenburg-Vorpommern allein bei den untersuchten Straftatenbereichen ein Gesamtfallaufkommen (Hellfeld + Dunkelfeld) von ca. 750.000 Straftaten.

In etwa zwei Drittel aller angegebenen Fälle handelt es sich dabei um Computerkriminalität. Dagegen kommen schwere Delikte, wie Körperverletzung und Raub, nur relativ selten vor.

Wenig überraschend ist auch die Tatsache, dass Deliktsfelder, bei denen Täter und Opfer eine enge soziale Verbindung/Beziehung aufweisen oder bei welchen ein starker Eingriff in die Intimsphäre geschah, ebenfalls durch ein hohes Dunkelfeld geprägt sind. Dies betrifft beispielsweise entsprechende Sexualstraftaten und die Häusliche Gewalt.

Insbesondere die Delikte der Computerkriminalität sowie im Bereich der Sexualdelikte das Verbreiten pornografischer Inhalte, aber auch die Häusliche Gewalt, müssen künftig noch stärker in den Fokus gerückt werden und bei der Ausrichtung und Schwerpunktsetzung von präventiven und repressiven Maßnahmen der Landespolizei Berücksichtigung finden. In diesen Deliktsbereichen liegt das ermittelte Dunkelfeld bei jeweils über 90 Prozent.

Doch auch auf die Erhöhung der Anzeigebereitschaft muss im Rahmen der Kriminalprävention verstärkt hingewirkt werden. Denn mit entsprechenden Informationen beeinflussen unsere Bürgerinnen und Bürger die Schwerpunktsetzung der polizeilichen Arbeit. Die Polizei kann Sicherheit und Ordnung nur gewährleisten, wenn sie von Rechtsverstößen Kenntnis erlangt. Neue Deliktbereiche oder Begehungsweisen sind häufig nur dann erkennbar, wenn dazu auch Anzeigen bei der Polizei erstattet werden. In der Gesamtbetrachtung der Deliktsgruppen stellt sich das Dunkelfeld wie folgt dar: 85,3 Prozent der Betrugshandlungen sowie 73,1 Prozent von Sachbeschädigungen wurden nicht angezeigt. Weiterhin wurden von den befragten Bürgerinnen und Bürgern der Polizei 70,3 Prozent der Straftaten im Bereich der Körperverletzungen und 64,3 Prozent der Raubstraftaten nicht bekannt gemacht. Darüber hinaus unterblieb eine Anzeigenerstattung in 57,1 Prozent der Diebstahlshandlungen.

Die Dunkelfeldbefragung zeigt aber auch, dass die Bevölkerung mit der Arbeit der Landespolizei in unserem Bundesland grundsätzlich zufrieden ist und sich sicher fühlt, wenn es auch in der Bevölkerung unterschiedliche Wahrnehmungen gibt:

So gibt es Unterschiede bei den Altersgruppen und bei den Geschlechtern. Frauen fühlen sich in der Nacht deutlich unsicherer als Männer. Menschen im Alter zwischen 16 und 29 Jahren und Menschen ab einem Alter von 70 Jahren fühlen sich unsicherer als die übrigen Altersgruppen.

„Insgesamt freut es mich aber, dass sich die Menschen in unserem Land überwiegend sicher fühlen. Ich bin zufrieden, dass der größte Teil der befragten Bürgerinnen und Bürger die Arbeit der Beamtinnen und Beamten mit gut und sehr gut bewertet hat“, so die Reaktion von Innenminister Caffier mit Blick auf den Umfragepunkt nach der Zufriedenheit mit dem letzten Polizeikontakt.

Zugleich ist aber auch zu erkennen, dass die bislang eingeleiteten Maßnahmen in die richtige Richtung zielen. In Auswertung der Ergebnisse bleibt festzuhalten, dass die vorliegende Untersuchung nur einen Ist-Zustand feststellen kann. Als ein zusammengefasstes Ergebnis lässt sich aus der Studie bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein vielschichtiger Handlungsbedarf ableiten.

Handlungsfelder:
● Weiterentwicklung der Cybercrime-Bekämpfungsstrategie
● Maßnahmen zur Erhöhung der Anzeigebereitschaft
● Weitere Maßnahmen zur Aufhellung des Dunkelfeldes
● Maßnahmen zur Verbesserung der Außenwirkung der Landespolizei
● Anpassung der Kriminalprävention an die festgestellte neue Kriminalitätsstruktur
● Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Gefahren, die von der Cybercrime ausgehen
● Durchführung von regelmäßigen Wiederholungsuntersuchungen zum
   Dunkelfeld und Standardisierung der Untersuchungsmethoden in Deutschland
● Einbeziehung der Kommunalen Verantwortungsträger

„Aufgrund der Ergebnisse der Studie und des sich hieraus ergebenen Dunkelfeldes wird deutlich, dass eine Diskussion zur inneren Sicherheit nur anhand der Polizeilichen Kriminalstatistik zu kurz greift“, so Innenminister Caffier abschließend. „Die Studie zeigt hierbei deutlich die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an unsere Polizei und damit auch an die Politik. Neben einer Priorisierung in der Kriminalitätsbekämpfung ist daher eine angemessene sachliche und personelle Ausstattung mindestens aufrecht zu erhalten. Straftatenverfolgung und polizeiliche Prävention bleiben weiterhin wesentliche Aufgabenfelder der Polizei, müssen aber auch im gesamtgesellschaftlichen Maßstab verankert sein.“

Über die am 1. Dezember 2015 vorgestellten Punkte hinausgehende Ergebnisse des Untersuchungsprojektes werden durch die Projektgruppe des Landeskriminalamts nach Fertigstellung des Abschlussberichtes auf der Homepage der Landespolizei zur Verfügung gestellt.

Aussender:
Ministerium für Inneres und
Sport Mecklenburg-Vorpommern
Pressestelle
Michael Teich
Telefon: 0385-588-2008
michael.teich@im.mv-regierung.de
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