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Donnerstag, 28. April 2016

800 Meter neben dem Windrad ist okay

Effiziene Stromerzeugung – Akzeptanz der Bevölkerung
Redaktion: Technische Universität Berlin
PRESSEMITTEILUNG
Berlin/gc. Das Forschungsprojekt EnergyEFFAIR untersuchte, wo Anlagen zur Gewinnung von Strom aus erneuerbarer Energie gebaut werden sollten, damit die Erzeugung effizient ist und gleichzeitig von der Bevölkerung akzeptiert wird.

Die Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen auf Freiflächen im Süden mit wenig Netzausbau ist wirtschaftlich günstiger als die Stromproduktion aus Windenergieanlagen im Norden mit Netzausbau. Das ist eines der wichtigen Ergebnisse des Projektes „Effiziente und gerechte Allokation der Produktion erneuerbarer Energien auf nationaler Ebene“ (EnergyEFFAIR) des TU-Fachgebietes Landschaftsökonomie, des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und der Georg-August-Universität Göttingen.

Ausgangspunkt der Untersuchung war das Spannungsverhältnis zwischen der grundsätzlichen Zustimmung zu erneuerbaren Energien in der deutschen Bevölkerung und dem Protest gegen einen weiteren Ausbau insbesondere von Windkraft- und Photovoltaikanlagen in bestimmten Regionen. Der Konflikt berührt die Frage nach einer gerechten Verteilung (Allokation) dieser Anlagen innerhalb von Deutschland und wird in der Aussage „Wir sind nicht gegen Windkraft. Aber die Uckermark hat ihr Soll erfüllt“ offenkundig. „Wir wollten wissen, wo welche Menge an Strom aus welchen erneuerbaren Energien am effizientesten erzeugt werden kann, ohne dass die negativen Auswirkungen der Anlagen für Anwohner im Umfeld unakzeptabel werden“, sagt Jürgen Meyerhoff, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Landschaftsökonomie der TU Berlin.

Welches Potenzial gibt es für Strom aus
Windkraft- und Photovoltaikanlagen in Deutschland?
Zwei Szenarien wurden für die Potenzialanalyse verwendet: Das eine geht von einem mäßigen Ausbau erneuerbarer Energieanlagen aus, das heißt Windräder werden nicht in Wäldern gebaut und Photovoltaikanlagen nicht auf Ackerland. Auf den zur Verfügung stehenden Freiflächen könnten dann pro Jahr 1630 Terawattstunden Strom zusätzlich produziert werden. Bei dem anderen Szenario mit deutlichem Ausbau stehen Wälder und Ackerflächen als Standorte zur Verfügung, und es könnten pro Jahr 6500 Terawattstunden Strom hergestellt werden. Allerdings beeinflusst der Mindestabstand von Windkraftanlagen das Energiepotenzial erheblich. „Unsere Studie hat gezeigt, dass der momentane gesetzliche Mindestabstand von 800 Metern von Windenergieanlagen zu Siedlungen der volkswirtschaftlich günstigste ist. Würde der Mindestabstand vergrößert, würde dies zwar die Belastung der Bevölkerung reduzieren, aber die Stromkosten würden steigen, da gute Standorte wegfielen“, so Martin Drechsler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am UFZ in Leipzig. Die Studie bestätigte, dass die Kosten für die Stromerzeugung aus Windkraftanlagen an Land im Norden niedriger sind als im Süden. Genau umgekehrt verhält es sich mit den Kosten der Stromgewinnung aus Photovoltaikanlagen – sie sind im Süden niedriger als im Norden.

Wie ist die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger
gegenüber dem Bau neuer Windkraft-, Photovoltaik- und Biogasanalgen?
Die höchste Akzeptanz erfährt die Stromerzeugung aus Solarenergie. 89 Prozent der knapp 3200 Teilnehmer der deutschlandweiten Online-Umfrage bewerteten sie positiv, gefolgt von den Windenergie (72 Prozent) und Biogas (51 Prozent). Dementsprechend niedrig beziehungsweise hoch ist auch die Bereitschaft, gegen den weiteren Bau solcher Anlagen zu protestieren: gegen Solaranlagen (8 Prozent), Windräder (17 Prozent), Biogasanlagen (25 Prozent). 89 Prozent der Befragten empfinden es zudem als gerecht, wenn jene Bundesländer mit den betriebswirtschaftlich besten Bedingungen und der größten zur Verfügung stehenden Fläche auch den meisten Strom aus erneuerbaren Energien herstellen. Interessant: Bei den Befragten bestand eine hohe Zahlungsbereitschaft für Fernleitungen als Erdkabel. Am höchsten war sie in Niedersachsen (11,6 Euro pro Monat und Haushalt), am niedrigsten in Bayern (6,0 Euro pro Monat und Haushalt). Deutschlandweit lag sie bei 8,12 Euro pro Monat und Haushalt. „Die niedrigere Zahlungsbereitschaft in Bayern und Baden-Württemberg deutet an, dass dort Freileitungen als weniger störend empfunden werden als im Norden von Deutschland wie zum Beispiel in Niedersachsen und Schleswig-Holstein“, so Jürgen Meyerhoff.

Welche Auswirkungen hat der Ausbau
der erneuerbaren Energien auf die Stromnetze?
Netzausbau und Ausbau der erneuerbaren Energien müssen Hand in Hand gehen. Eine Konzentration des Ausbaus erneuerbarer Energien auf wenige Standorte, etwa im Norden, würde zu hohen Netzausbaukosten führen, so dass eine gleichmäßigere Verteilung der Anlagen bei mäßigem Netzausbau letztlich günstiger ist. Eine gleichmäßigere Verteilung der Anlagen über das gesamte Bundesgebiet wird von vielen Menschen auch als gerechter wahrgenommen als eine Konzentration auf die produktivsten Standorte.

Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunktes „Ökonomie des Klimawandels“ gefördert.

Weitere Informationen:
Dr. Jürgen Meyerhoff
TU Berlin
Fachgebiet Landschaftsökonomie
Tel.: 030-31 47 33 22
juergen.meyerhoff@tu-berlin.de

Dr. Dr. Martin Drechsler
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Department Ökologische Systemanalyse
Tel.: 0341-23 51 7 13
martin.drechsler@ufz.de 

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und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung

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