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Dienstag, 19. Juli 2016

Gott und die Welt

Religionsfreiheit in der Antike 
Redaktion: Goethe-Universität Frankfurt am Main
PRESSEMITTEILUNG
Frankfurt am Main/gc. Die Geschichte der frühen Christenverfolgung werde in der jüngeren historischen Forschung weitaus weniger dramatisch gesehen als früher, so der Leibniz-Preisträger Prof. Hartmut Leppin.

In seinem Beitrag zur „Entdeckung der Religionsfreiheit in der Antike“ in der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins „Forschung Frankfurt“ erklärt der Althistoriker: „Man beobachtet eine Politik des Gewährenlassens, aber keine bewusste Toleranz und kein Recht auf Religionsfreiheit.“

Eine Trennung zwischen Staat und Religion gab es in der Antike nicht. Die wichtigsten Kulte waren solche, die von der Republik getragen und finanziert wurden. Politiker bekleideten als wichtige Stufen in ihrer Karriere auch Priesterämter. „Wenn im Kult etwas falsch gemacht wurde, drohte der Zorn der Götter, der das ganze Gemeinwesen treffen konnte“, so der Historiker Prof. Hartmut Leppin. Insofern gehörte es zu den Aufgaben des Senats, über die Ausübung des religiösen Kults zu wachen. Beispielsweise beschäftigte er sich im Jahr 186 v. Chr. mit dem ausufernden Kult zu Ehren des Weingotts Bacchus.

Doch lief die Politik des Senats nicht nur darauf hinaus, das Bestehende zu bewahren. So wurde die phrygische Fruchtbarkeitsgöttin Kybele während des zweiten Krieges gegen Karthago eingeführt – trotz der für die Römer schockierenden Praxis der Priester, sich selbst zu kastrieren. Auch der aus Ägypten stammende Isis-Kult wurde nach einem wechselvollen Schicksal schließlich durch die römischen Kaiser im 1. Jahrhundert n. Chr. gefördert.

Die Christen wurden nicht wegen ihres Glaubens verfolgt, sondern weil sie sich weigerten, den Göttern zu Opfern und mit diesem Kultfrevel das Gemeinwesen gefährdeten“, erklärt Leppin. Den römischen Beamten sei es gleichgültig gewesen, ob das Opfer mit innerer Anteilnahme dargebracht wurde. So konnten Christen, die opferten, ungeahndet ihrem Glauben weiterhin anhängen. Eine systematische Christenverfolgung setzte erst im 3. Jahrhundert n. Chr. unter Kaiser Decius ein. Er war in einer Zeit militärischer Bedrängnis an die Macht gekommen und forderte alle Bürger des Reiches auf, die Götter durch Opfer gnädig zu stimmen – und diese Anordnung wurde streng kontrolliert.

Auch unter den nachfolgenden Kaisern erlebten die Christen über Jahrzehnte anhaltende Bedrängnis. In diesem Kontext entstand die Idee der Religionsfreiheit, die erstmals um 200 n. Chr. bei dem römischen Autor Tertullian dokumentiert ist. Ihre politische Umsetzung durch Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert blieb jedoch ein Zwischenspiel. Denn die christlichen Kaiser begannen bald ihrerseits, andersgläubige zu bedrängen; zunächst Christen anderer Konfession, dann zunehmend auch Heiden und Juden. Der Gedanke der Religionsfreiheit blieb in verschiedenen Texten über die Jahrhunderte erhalten. „Da das Argument schon einmal durchdacht worden war, ließ es sich leichter zur Geltung bringen. Insofern gehört der Gedanke der Religionsfreiheit, obwohl er seinerzeit nicht besonders bedeutend war, zu den wichtigsten Elementen des Erbes der Antike“, schlussfolgert der Althistoriker.

Informationen:
Prof. Hartmut Leppin
Historisches Seminar
Exzellenzcluster Herausbildung
Normativer Ordnungen
Tel.: (069)-798-32462
h.leppin@em.uni-frankfurt.de.

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