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Dienstag, 25. Oktober 2016

Zum Frühstück gibt’s Honig,

... sagt der Zarrentiner Bärenschützer Carsten Hertwig
von Heiko Wruck
GESPRÄCH
Zarrentin/gc. Gibt’s jeden Tag ein gutes Bären-Frühstück?
Zum Frühstück, meistens zwischen 6 und 7 Uhr, gibt’s – montags bis freitags –Müsli, Obst und Tee. Frühsport gibt es meistens leider nur sonntags, gegen 8.30 Uhr ist’s dann eher ein Kaiserfrühstück mit Ei, Brötchen, Marmelade, Honig und Tee. Wichtig ist für mich, dass viel aus der Region kommt.


Wie wird man ausgerechnet Bärenschützer?
Das geschah zufällig. Die internationale Tierschutzorganisation VIER PFOTEN Deutschland hatte für den BÄRENWALD MÜRITZ einen Geschäftsführer gesucht. Die Stellenbeschreibung passte, also bewarb ich mich und wurde genommen. Seit 2007 bin ich für die Leitung aller VIER-PFOTEN-BÄRENWÄLDER weltweit zuständig. So bin ich vor 11 Jahren zu den Bären gekommen und bis heute dabei geblieben.

Bären brauchen Schutz?
In Freiheit leben sie – je nach Nahrungsangebot, Topografie, Alter, Gesundheitszustand und Geschlecht – in Revieren von wenigen bis zu mehreren Hundert Quadratkilometern. Kein Zoo kann das bieten. Viele Bären dort sind schwer verhaltensgestört. Bärenwälder sind dafür eine Alternative. In Gefangenschaft gehaltene Bären – Zirkusse, Zoos, Tanzbären – können nicht mehr ausgewildert werden. In den Vier-Pfoten-Bärenprojekten, wie im Bärenwald Müritz, werden die Tiere nicht zur Schau gestellt. Dort können sie Instinkte und ihr natürliches Verhalten wiederentdecken. Menschliche Kontakte werden auf ein Minimum reduziert. In West- und Mitteleuropa gibt es nur noch kleine Populationen. Deutschland ist seit 1835 bärenfrei. 2006 wanderte Bruno über die Alpen. Er hatte alle Scheu verloren und wurde erschossen.

Bruno war eine Gefahr für den Menschen.
Ja, das war er vielleicht. Aber er war auch nur ein Einzeltier, weil Bären generell Einzelgänger sind. Und wenn man in der Lage war, Bruno zu erschießen, warum war man nicht in der Lage, ihn zu betäuben? Gewiss wurde ein entsprechender Aufwand betrieben, um seiner habhaft zu werden. Aber letztlich war nur seine Tötung opportun.

Ist die Diskussion mit der über Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern vergleichbar?
Im Prinzip ja. Ich bin seit vielen Jahren von berufswegen hauptsächlich in Gebieten unterwegs, in denen es Bären und Wölfe gibt – weltweit, meistens jedoch in Europa. In keinem dieser Gebiete gab es gravierende Konflikte mit den frei lebenden Tieren. Sicher, Bären und Wölfe holen sich auch mal Schafe, Rinder, Pferde und Ziegen. Vor allem dann, wenn diese frei und ungeschützt weiden. Seltene Angriffe auf Menschen sind vornehmlich auf falsches menschliches Verhalten in der Natur zurück zu führen. Man sieht immer nur das, was man sehen will.

Braucht’s Bärenschutzzentren?
Es sind Bärenauffangzentren, die wir von VIER PFOTEN einrichten. Viele Tiere kommen aus der Restauranthaltung, aus Zoos, Zirkussen oder waren Tanzbären. Sie alle wurden unter schlimmen Umständen oder zumindest nichtartgerecht gehalten. Einige waren in Gattern als Attraktionen neben Restaurants eingepfercht. Andere in Zoos, die viel zu kleine, betonierte Gehege hatten. Die Tanzbären waren noch schlimmer dran. In den VIER-PFOTEN-BÄRENWÄLDERN wollen wir am Beispiel des Braunbären den Besuchern auch den hohen Wert von Wildtieren und der wilden Natur im Allgemeinen vermitteln.

Zur Person
Isst jeder so wenig Fleisch wie ich, sagt Carsten Hertwig, geht’s ohne Massentierhaltung.
Berufliches: 1989 - 1995 Studium der Forstwissenschaften In Freiburg – Diplom-Forstwirt, 1996 Umwelt-Praktikum am Schaalsee; 1996 bis 1999 Festanstellung im Amt für das Biosphärenreservat Schaalsee im Bereich Umweltbildung; 1999 - 2004 Sassnitz/Rügen – im Auftrag des WWF-Infozentrum Königsstuhl aufgebaut, 2004 zurück nach Zarrentin am Schaalsee; seit 2005 Geschäftsführer Bärenwald Müritz für die Organisation Vier Pfoten, für die er seit 2007 auch in Sachen Bärenschutz weltweit unterwegs ist, 2009 organisierte er auf der BUGA in Schwerin den Auftritt aller deutschen Biosphärenreservate
Privates: geboren am 16. Oktober 1966 in Ulm/Schwaben an der Donau; dort aufgewachsen – Schule bis zum Abitur 1986; verheiratet seit 2002, eine Tochter (12), liebt Ruhe und Natur sowie Radfahren

Bildunterschrift:
Carsten Hertwig: Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Tourismusmanagement und Regionalmarketing sind eng miteinander vernetzt: Der BÄRENWALD MÜRITZ ist ein erfolgreiches Beispiel dafür. Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
heiko.wruck@t-online.de
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