Suchen

Samstag, 19. August 2017

Bildung schadet dem, der keine hat

Wie und warum junge Leute in der Heimat Arbeit suchen
von Heiko Wruck
BERICHT
Ludwigslust/gc. Lisa-Marie Wolter ist trotz ihres jungen Alters schon gut herumgekommen. Prägende Stationen ihres Lebens sind Rostock, Kiel, Sylt, Stralsund, Güstrow, Hamburg und Ludwigslust. Doch selbst die Aussichten, die ihr in einem international aufgestellten Großhandelskonzern geboten wurden, waren keine wirklichen Perspektiven dafür, wie sie sich ihr Leben vorstellte. Die fand sie ein paar Unternehmensgrößen kleiner bei einem mittelständischen Unternehmen in Ludwigslust.

Beruf und Familie, ihre Karrierepläne sowie ihre Heimatverbundenheit haben Lisa-Marie nach Mecklenburg zurückgeführt. Seit dem 1. August 2017 arbeitet sie als Leiterin der Beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung bei der BBS Start GmbH, einem Unternehmen des Landkreises Ludwigslust-Parchim. „Ich unterscheide deutlich zwischen Zuhaussein und Heimat“, sagt die 27-Jährige. „Ein ganzes Jahr lang habe ich in Hamburg gelebt. Dort fühlte ich mich sehr zu Hause, aber nicht beheimatet. Zu Hause ist man, wo man sich wohlfühlt. Wohlfühlen kann man sich an vielen Orten.“

Heimat geht tiefer. Landschaft, Kindheitserinnerungen, Jugenderfahrungen, Geräusche, Gerüche, Familie, das Miteinander im Alltag, Verbundenheit ... Dabei hatte die in Lübz geborene junge Frau schon immer viel mit Menschen zu tun. Nach dem Abitur ging sie nach Kiel und wurde dort Kauffrau im Einzelhandel. Sie qualifizierte sich weiter zur Handelsfachwirtin, fand ihren Lebensmittelpunkt in Hamburg und war von dort berufsmäßig oft in Norddeutschland unterwegs. Dann wechselte sie nach Rostock für ein 5-jähriges Lehramtsstudium und fand dort mit ihrem Lebensgefährten ihren neuen Lebensmittelpunkt. Den täglichen Weg zur Arbeit nach Ludwigslust bewältigt sie in etwas mehr als einer Stunde mit dem Auto.

„Für ein erfülltes Leben sind Einkommen, Beruf und Karriere ganz sicher sehr wichtig. Aber sie sind auch nicht die einzigen Kriterien, die alles andere bestimmen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Freizeit sowie der Spaß an dem, was man tut, sind für mich ebenso wichtig. Ich habe immer eine Lehrer- oder Dozententätigkeit im Blick gehabt. Also bin ich über die entsprechenden Weiterbildungen diesen Weg gegangen und habe mir dafür den passenden Arbeitgeber ausgesucht“, erzählt die junge Frau selbstbewusst und ergänzt: „Es muss auf beiden Seiten passen.“

Sich für für Neues offen halten, sich weiterqualifizieren, sich nicht durch Vorurteile von eigenen Erfahrungen abhalten lassen und die Dinge zu Ende zu bringen, das sind die Empfehlungen, die Lisa-Marie Wolter ihren Alterskolleginnen gibt. „Ein Unterschied zwischen Ost und West besteht für mich darin, dass es im Osten scheinbar mehr weibliche Führungskräfte im mittleren Management gibt. Daraus erklären sich die unterschiedlichen Erwartungshaltungen gegenüber berufstätigen Frauen und ihre Entwicklungschancen.“

Bildunterschrift:
Lisa-Marie Wolter: „Ich habe viele Kollegen erlebt, die abgestumpft waren. Ganz besonders in großen Unternehmen mit starren Hierarchien gibt es oft Barrieren, die den Sprung auf die nächste Ebene erschweren. Mittelständische Unternehmen sind da oft näher am Menschen.“ Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
_____________________________________________________