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Dienstag, 10. Oktober 2017

Endlich Herbst

GLOSSE
von Heiko Wruck
Sie sind weg. Yes! Nichts ist mehr zu sehen: keine schwabbligen Fettbäuche, keine ledrigen Dekolléts, keine fiesen Orangenhautschenkel, kein lose von wurstigen Oberarmen herabbaumelndes Winkfleisch. Die optischen Brechreize sind unter dicken Klamotten versteckt – bis zum nächsten Sommer, wenn es wieder mal ein paar Tage hintereinander über 20 Grad warm wird. Nur die vielen knautschigen Gesichtsrosinen sind noch zu erkennen, wenn die mummeligen Wollschals zu weit herabsinken. Die Herbstmode ist einfach klasse.


Sie reicht über den Winter bis weit in den Frühling hinein und verdeckt gnädig, was der Zahn der Zeit, kein Sport und eine völlig falsche Ernährung vom menschlichen Körper übrig gelassen haben. Die humanoiden Mollusken treffen nun in den Bräunungsstudios auf klingeldrahtdürre Primaten. Beide, um sich erst die Haut tiefbraun zu verbrennen und anschließend in Swingerclubs locker-flockiges Summerfeeling zu zelebrieren – neue Intimpiercings inklusive. Das Schöne daran, sie bleiben unter sich, unsichtbar. Herbst und Winter sind allein schon deshalb gut, weil sich die ganzen tief eingemummelten Mollusken und Klingeldrähte in dieser dunklen Jahreszeit genau so elend fühlen, wie Ästheten im Frühling und im Sommer. Das ist nur gerecht so.

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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