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Donnerstag, 26. Oktober 2017

Illegale Aserbaidschan-Spende an CDU

Verbot von Konzernspenden gefordert
Redaktion: Parlamentwatch e.V.
PRESSEMITTEILUNG
Hamburg/gc. Wie am 25. Oktober 2017 öffentlich wurde, hatte der CDU-Kreisverband Frankfurt am Main Ende Februar 2012 zwei Spendenzahlungen in einer Gesamthöhe von 28.000 Euro von dem staatlichen Energiekonzern angenommen. Unternehmensspenden aus dem Nicht-EU-Ausland sind laut Parteiengesetz verboten.


Nach Bekanntwerden einer illegalen Parteispende vom aserbaidschanischen Staatskonzern SOCAR an die CDU fordert die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de ein striktes Verbot von Unternehmensspenden.

Parteispenden aus der Wirtschaft sind nach Ansicht von abgeordnetenwatch.de ein grundsätzliches Einfallstor für die Beeinflussung von Politik. „Lobbyisten-Spenden müssen verboten werden“, forderte abgeordnetenwatch.de-Sprecher Roman Ebener am Donnerstag. „Wir müssen ausschließen, dass politische Entscheidungen in Deutschland käuflich sind. Das schaffen wir nur durch mehr Transparenz und strenge Spendenregelungen.“

Ebener weiter: „Dass ein Unternehmen eine Parteispende als Akt der ,sozialen Verantwortung' verkauft, ist hanebüchen.” SOCAR („State Oil Company of Azerbaijan Republic“) hatte die Spendenzahlungen von 2012 an die CDU mit seiner „sozialen Verantwortung“ begründet. Aus diesem Grund würden auch „unterschiedliche deutsche Kultur-und Sportvereine sowie studentische Organisationen“ unterstützt.

Das Unternehmen SOCAR verfolgt in Deutschland große wirtschaftliche Interessen. Laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat Aserbaidschan von Januar bis August dieses Jahres 1,75 Mio. Tonnen Rohöl nach Deutschland verkauft und ist damit acht größtes Lieferland. Derzeit baut SOCAR zusammen mit Partnern an einer Pipeline, die die EU spätestens 2020 mit Erdgas versorgen soll („südlicher Gaskorridor“).

Mit Bekanntwerden der Aserbaidschan-Spende gerät die CDU erneut wegen Verbindungen in das autokratisch regierte Land in die Schlagzeilen. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass die CDU-Abgeordnete Karin Strenz für eine Nebentätigkeit Geld aus aserbaidschanischen Quellen bekommen hatte.

abgeordnetenwatch.de appellierte an Union, FDP und Grüne, sich in einem möglichen Koalitionsvertrag auf ein Verbot von Parteispenden aus der Wirtschaft festzulegen. „Viele Bürger werden von Unternehmensspenden verunsichert“, so Roman Ebener. „Illegale und dubiose Spenden verstärken diesen Eindruck leider noch. Union und FDP müssen ihre Blockade gegen strenge Transparenzregeln aufgeben!“

Die Internetpetition „Lobbyistenspenden an Parteien verbieten!“ der Transparenzorganisation wurde bis Mittwochmittag, 25. Oktober 2017, von mehr als 55.500 Menschen unterzeichnet:

Seit Jahresbeginn haben Parteien Großspenden in Höhe von rund 4,8 Mio. Euro erhalten. Davon stammen etwa 1,7 Mio. Euro von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden (u.a. von Daimler, Sixt, Dr. Oetker).

Ausführliche Berichte zum Thema:
● abgeordnetenwatch.de: Frankfurter CDU nahm illegale Parteispende
   aus Aserbaidschan an – keine Strafe
● Süddeutsche Zeitung: CDU erhält mysteriöse Gelder aus Aserbaidschan
● tagesschau.de: Aserbaidschan-Verbindungen - Unzulässige Parteispende für CDU

Zusammenfassung der Recherche:
Nach Recherchen von abgeordnetenwatch.de, WDR und Süddeutscher Zeitung hatte der CDU-Kreisverband Frankfurt am Main zwei rechtswidrige Spendenzahlungen vom aserbaidschanischen Staatskonzern SOCAR angenommen. Die Überweisungen in einer Gesamthöhe von 28.000 Euro erfolgten Ende Februar 2012. Es schloss sich eine mehrjährige Prüfung der Spendenzahlungen durch die Bundestagsverwaltung an, die erst in der vorvergangenen Woche - am 12. Oktober 2017 – abgeschlossen wurde. Ergebnis: Trotz eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz muss die CDU kein Strafgeld zahlen. „Die Bundestagsverwaltung sieht bisher keinen Grund zu der Annahme, dass die Partei von Anfang an von einer Unzulässigkeit der Spende ausging“, so ein Bundestagssprecher. Der Öl- und Gaskonzern SOCAR wollte Fragen nach Spenden auch an andere Parteien “aus Datenschutzgründen” nicht beantworten.

Chronologischer Ablauf:
● Der staatliche Energiekonzern Aserbaidschans, SOCAR, überwies Ende Februar 2012 zwei Spenden an den CDU-Kreisverband Frankfurt am Main: eine am 27. Februar (3.000 Euro), die andere zwei Tage später (25.000 Euro). Laut Parteiengesetz stellen Unternehmensspenden aus dem Nicht-EU-Ausland einen Verstoß dar, bei Annahme droht einer Partei eine Strafzahlung in dreifacher Höhe des Spendenbetrags.

● Weil das Geld von einem deutschen Konto unter Angabe einer deutschen Firmenadresse kam, hielt die Frankfurter CDU die Überweisung nach eigenen Angaben zunächst für unbedenklich.

● Nach Angaben der CDU-Bundespartei fiel die Spende erst 2013 im Konrad-Adenauer-Haus auf. „Die CDU-Bundesgeschäftsstelle hat den Sachverhalt gegenüber der Bundestagsverwaltung unverzüglich und umfassend offengelegt“, teilte die CDU-Parteizentrale auf Anfrage mit. Am 16. Oktober 2013 habe der CDU-Kreisverband Frankfurt am Main den Spendenbetrag an die Bundeskasse abgeführt, nachdem die Bundestagsverwaltung die SOCAR-Zahlungen am selben Tag als rechtswidrige Auslandsspende eingeordnet hatte.

● Laut Bundestagsverwaltung wurde die CDU „Ende 2013 zu einer beabsichtigten Sanktion“ angehört. Ein weiteres Mal sei die Partei Mai/Juni 2017 angehört worden. Dies sei erforderlich gewesen, weil das Bundesverwaltungsgericht in der Zwischenzeit „die Möglichkeiten für die Parteien, eine Sanktionsbefreiung zu erreichen, erweitert“ habe (BVerwG-Urteil vom 26. April 2016 zu Strafzahlungen an die FDP im Möllemann-Spendenskandal).

● Am 12. Oktober 2017 legte die Bundestagsverwaltung einen internen Abschlussbericht zu den SOCAR-Spenden vor. Danach stelle die Annahme der 28.000 Euro durch den CDU-Kreisverband Frankfurt am Main einen Verstoß gegen das Parteiengesetz dar, da es sich um eine verbotene Auslandsspende gehandelt habe. Allerdings wurde gegen die CDU keine Strafzahlung verhängt. „Die Bundestagsverwaltung sieht bisher keinen Grund zu der Annahme, dass die Partei von Anfang an von einer Unzulässigkeit der Spende ausging,“ so ein Bundestagssprecher.

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