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Montag, 30. März 2020

Kluge erledigen jetzt die Hausaufgaben

Coronakrise verändert auch die Arbeitswelt
von Heiko Wruck
GESPRÄCH
Lassahn/gc. Die Coronakrise verändert gerade den Alltag von Millionen Menschen. Und sie krempelt unsere Arbeitswelt komplett um. Der Arbeitssicherheitsexperte Tobias Metz, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutsche Mittelstandsschutz GmbH, erklärt die Herausforderungen sowie die Vorteile der Krisenbewältigung in der Arbeitswelt.

Belebt Corona das Geschäft mit der Arbeitssicherheit?
Thematisch wird das Thema „Arbeitssicherheit“ auf jeden Fall belebt. In den Betrieben und Behörden wird jetzt verstärkt auf Hygiene und Infektionsvermeidung geachtet. Da passiert gerade viel Aufklärung. Auch wir klären unter www.mittelstandsschutz.de kostenlos auf. Kurzfristig wird es wegen der unklaren Lage, Personal- und Liquiditätsengpässen eher schwieriger, mit Arbeitssicherheit Geld zu verdienen. Sie betrifft ja nicht allein die Hygiene. Nur setzen die Unternehmensverantwortlichen gerade andere Prioritäten. Mittel- und langfristig wird die Arbeitssicherheit durch Corona nachhaltig an Gewicht gewinnen. Besonders bei Einzelunternehmern sowie bei Geschäftsführern von kleinen und mittleren Unternehmen: zum Beispiel bei Friseuren, Klempnern, Fliesenlegern, Tagesmüttern ... Sie alle sind gut beraten, sich zu informieren und dies nach außen zu dokumentieren. Eine Information, die vom Betrieb nicht öffentlich gemacht wird, hat auch nicht stattgefunden.

Wie funktioniert Arbeitssicherheit im Homeoffice?
Hier passiert gerade ein revolutionärer Umbruch. Vor Corona hatten die Bedenkenträger das Sagen. Da ging es fast immer nur um die Vermeidung von Heimarbeit. Corona hat das schlagartig verändert. Jetzt geht es darum, wie man es am besten hinbekommt. Die trennscharfe Abgrenzung von unversicherter und versicherter Tätigkeit ist hier die Herausforderung. Warum ist jemand auf der Treppe gestürzt? Dienstlich, weil die Telefonleitung tot und die Person auf Fehlersuche war, oder wollte die Person privat nur einen Kaffee holen? Offizielle Heimarbeitsplätze sind über die sogenannte Arbeitsstättenverordnung weitreichend geregelt. Jetzt haben wir es jedoch mit spontanen, ungeregelten Heimarbeitsplätzen zu tun. Nicht jeder hat ein Arbeitszimmer. Oft wird der private Laptop auf dem Küchentisch zum Homeoffice. Ist ein Computer vorhanden, teilen sich den alle Familienmitglieder. Rechtlich sind spontane Heimarbeitsplätze nicht so klar geregelt. Werden in spontanen Homeoffices vertrauliche Telefonate mit Kunden geführt, die jeder Anwesende mithört? Liegen Kundenunterlagen für jeden zugänglich herum? Gibt es ständige oder temporäre Stolperfallen: zum Beispiel Kabel, Akten oder Spielzeug? Hier ist gesunder Menschenverstand gefragt. Bei der Umstellung auf das spontane Homeoffice sind aber auch Arbeitsdisziplin und die Einhaltung von Arbeitszeiten sehr wichtig. Das ist gegenwärtig für viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber komplettes Neuland.

Wie gehen große und kleine Unternehmen mit dieser Lage um?
Es gibt zwei zentrale Begriffe: Risikoanalyse und Gefährdungsbeurteilung. Gefährdungsbeurteilungen sind laut Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) für jedes in Deutschland tätige Unternehmen vorgeschrieben – ab dem ersten sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter. Gefährdungsbeurteilungen müssen regelmäßig durchgeführt und dokumentiert werden. Bei großen Unternehmen ist die Gefährdungsbeurteilung für Heimarbeitsplätze längst passiert. Bei den kleinen Firmen nicht. Aber sie ist enrom wichtig. Die sehr viel  weiterreichende Risikoanalyse wird  von verantwortungsbewussten Unternehmern veranlasst, die ihre Beschäftigten, ihre Firma und ihr Kapital schützen wollen. Risikoanalysen sind Privatsache, im Gegensatz zu Gefährdungsbeurteilungen. Beide sind lebensnotwendig.

Was können Unternehmen mit Publikumsverkehr tun?
Im Warte- und im Arbeitsbereich sollte nur jeden zweite Stuhl besetzt und beim Betreten eine Handdesinfekton veranlasst werden. Tresen können mit Atemschutzbarrieren ausgerüstet werden. Wichtig: Mitarbeiter und Kunden zu schützen. Dafür sind Kundenbesuche auch abzusagen. Generell ist jedes Unternehmen gut beraten, jetzt alle offenen Fragen bei der Arbeitssicherheit zu regeln. Jetzt die Hausaufgaben erledigen, um am Tag eins nach der Krise neu zu starten.

Bildunterschrift:
Tobias Metz: Nach der Krise ist vor der Krise. Jedes Unternehmen braucht in einer globalisierten Wirtschaft einen Pandemieplan, weil  die Umsätze ganz oder zu großen Teilen ausfallen. Foto:Heiko Wruck

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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