Suchen

Mittwoch, 7. September 2022

Selbstüberschätzung an erster Stelle

Die größte Gefahr bei der Maschinenbedienung
Redaktion: Technische Universität Chemnitz
PRESSEMITTEILUNG
Chemnitz/gc. Forschende der TU Chemnitz fanden in einem Projekt zur Arbeitssicherheit heraus, dass beim Einspannen von Bauteilen in Drehmaschinen eine falsche Selbsteinschätzung das größte Risiko für Arbeitsunfälle darstellt.

Seit 2020 untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Professur Produktionssysteme und -prozesse der Technischen Universität Chemnitz im Projekt „MTZ-Dreh“ die menschliche und technische Zuverlässigkeit am Beispiel einer Werkstückspannung beim Vertikal-Drehen. Hierbei ist das Gefährdungsrisiko der bedienenden Person besonders hoch, da durch die vertikale Auflage ein unsachgemäß eingespanntes Werkstück radial aus dem Arbeitsraum geschleudert werden könnte.

Arbeiterinnen und Arbeiter sind damit einem hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Am Projekt sind die Berufsgenossenschaft Holz und Metall, der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, die Chemnitzer Unternehmen Starrag GmbH, ARC Solutions GmbH und ATB Arbeit, Technik und Bildung gGmbH sowie die Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH in Nürtingen, die Dynardo GmbH in Weimar und die Mansfeld Anlagenbau und Umwelttechnik AG in Gerbstedt im projektbegleitenden Ausschuss beteiligt.

Empfehlung: Sicherheitsblatt an der Maschine
Verschiedene Nutzertests mit erfahrenen Probandinnen und Probanden haben nun gezeigt, dass zum einen mangelndes Bewusstsein für Gefahrenquellen und für Mängel an Spannsystemen, zum anderen nachlässige Sicherheitskontrollen und ungeeignete Werkzeuge große Risiken bergen. Die größte Gefahr ist jedoch eine falsche Selbsteinschätzung der Bedienenden, wie sich am Ende der Versuche in persönlichen Interviews herausstellte. „Die Probandinnen und Probanden, denen die gravierendsten Fehler in den Nutzertests beim Einspannen des Werkstücks passierten, schätzten ihre Leistung subjektiv am besten ein“, berichtet Jennifer Brade, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur Produktionssysteme und -prozesse. „Zum Projektabschluss lautet daher unsere klare Handlungsempfehlung: Wir brauchen zusätzlich zur ausführlichen Bedienungsanleitung ein übersichtliches Sicherheitsblatt direkt in Augenhöhe an der Maschine, auf dem die wichtigsten Handlungsschritte dargestellt werden, die der Maschinenbediener einhalten muss, damit das Werkstück sicher eingespannt werden kann“, so Brade.

Vision: Assistenzsystem mit Schritt-für-Schritt-Anleitung
und neue Norm zur Spannkraft-Ermittlung

Langfristig ist in einem Folgeprojekt geplant, ein Assistenzsystem mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung zu entwickeln, das in die Maschinensteuerung integriert wird und das Bedienpersonal durch den Prozess führt. Außerdem haben die Forschenden erkannt, dass die bestehenden Normen zur Ermittlung der nötigen Spannkräfte nicht mehr ausreichend sind. Sie wollen deshalb eine neue Norm entwerfen, die ein bedienerfreundliches Berechnungsmodell für die erforderlichen Spannkräfte im Spannsystem enthält.

Das Projekt „MTZ-Dreh – Erfassung und Vergleichbarkeit der menschlichen und technischen Zuverlässigkeit am Beispiel einer Werkstückspannung beim Vertikal-Drehen“ (IGF-Vorhaben Nr. 21034) im VDW-Forschungsinstitut e. V. wurde bis Mai 2022 über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung vom Bundeswirtschaftsministerium aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Max Engelmann
Telefon: 0371 531-36667
E-Mail: max.engelmann@mb.tu-chemnitz.de
______________________________________