Einsatz virtueller Realität fördern
Redaktion: Fraunhofer-Gesellschaft
PRESSEMITTEILUNG
München/gc. Wie beeinflusst die Arbeit unseren Alltag, wie wirkt sie sich auf unsere mentale und körperliche Gesundheit aus? Wie verändern technische Lösungen den Menschen, wie kann man Geräte menschengerechter gestalten?
Diesen Fragen widmet sich ein fünfköpfiges Team am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. Im NeuroLab, einem Labor für Neuroarbeitswissenschaft, erforschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Konzepte und Methoden, um intelligente Schnittstellen zwischen Technik und Mensch zu entwickeln.
Mit dem NeuroLab wurde am Fraunhofer IAO vor sieben Jahren eine Testumgebung für Fragen der Neuroarbeitswissenschaft geschaffen. Seit Oktober 2021 leitet Dr. Mathias Vukelic dort das Team „Applied Neurocognitive Systems“. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen verknüpft der Neuro- und Verhaltenswissenschaftler die Erkenntnisse kognitiver Neurowissenschaft mit positiver Psychologie und Methoden des Maschinellen Lernens, um Mensch-Technik-Systeme zu gestalten, die sich bei der Arbeit und im Alltag an den Menschen und seine mentalen Zustände anpassen und die auf seine Bedürfnisse und Fähigkeiten ausgerichtet sind.
„Die Technik muss sich an den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten des Menschen orientieren, sie sollte assistenzbasiert sein. Der Mensch steht bei unseren Projekten immer im Mittelpunkt. In diesem Sinne wollen wir eine bessere Zukunft mit intelligenter Technik gestalten. Die Technik darf den Menschen nicht belasten oder stören, sie soll im Idealfall dabei helfen, bessere Entscheidungen zu treffen und Potenziale bieten sich weiterzuentwickeln“, erläutert der Forscher die Vision des Teams. Hierzu forscht das Team an neuroadaptiven Technologien – anpassungsfähige technische Systeme, die mentale Zustände der Nutzerinnen und Nutzer anhand neurophysiologischer Sensorik (Messung von Hirn- und Vitalparametern) erfassen, diese Signale über Signalverarbeitung und Maschinelles Lernen interpretieren und die dann intelligent auf die erkannten Zustände der Nutzenden reagieren können (Anpassungen des Systemverhaltens). „Wir wollen die Ingenieurwissenschaften erweitern, indem wir technische Probleme mit neuro-wissenschaftlichem und psychologischem Know-how lösen.“
Feinfühlige Technik
Der erste Schritt dahin ist es, ein besseres Verständnis der kognitiven Prozesse und
affektiven Reaktionen in unterschiedlichen Szenarien zu bekommen. Hierfür messen die Forschenden in Mensch-Maschine-Interaktionen Parameter wie etwa das Stressniveau, die Aufmerksamkeit oder gar die kognitive Belastung des Menschen, um von den gemessenen Hirn- und Körperreaktionen auf kognitive Prozesse und emotionale Erlebnisse zu schließen und so Systeme entwickeln zu können, die das Wohlbefinden steigern und für einen angenehmen Arbeitsalltag sorgen. »Mithilfe von neurophysio-logischen Messmethoden, beispielsweise der Elektroenzephalographie, können wir Hirnsignale messen. Diese neurophysiologischen Signale geben Hinweise auf die mentale Beanspruchung, die Aufmerksamkeitsleistung und Konzentration oder auch Emotionen während der Nutzung von Technik oder auch in Trainings- und Lernprozessen. Durch die ausgeklügelte Kombination von Signalverarbeitung und fortgeschrittenen Methoden des Maschinellen Lernens können wir diese Information aus den Signalen extrahieren und interpretieren – etwa ob eine Person gerade überfordert ist oder ob sie durch Lernerfolge motiviert wird. Daher liegt ein wesentlicher Schwerpunkt unserer Forschung auf der KI und der Signalverarbeitung«, sagt der Experte.
Derzeit finden die Experimente mit Probanden noch in der kontrollierten Laborumgebung mit umfangreichen Messmethoden und -sensorik statt. Vukelic und sein Team arbeiten an der Gestaltung neuer Experimente, um die reizarme Umgebung verlassen und realistische Settings etablieren zu können.
Berufliche Inklusion mit dem Einsatz virtueller Realität fördern
Aktuell ist das Team an dem Projekt UFO beteiligt, das vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung BMBF gefördert wird. Im Vorhaben wird virtuelle Realität (VR) genutzt, um Autistinnen und Autisten bei der beruflichen Inklusion zu helfen. Diese haben Probleme, sowohl ihre eigenen als auch die Gefühle anderer zu verstehen und Emotionen zu entschlüsseln.
Vukelic und sein Team arbeiten daran, Autistinnen und Autisten Emotionen über einen Umweg zu erschließen. Herz- und Hirnaktivität, Schweißbildung oder andere physiologische Prozesse, die mit Emotionen auftreten, werden gemessen und über die Impulse eines speziellen Armbands spürbar gemacht. Menschen mit diesen speziellen Bedürfnissen könnten die vom Armband produzierten taktilen Muster erlernen – und so einen Zugang zu den eigenen Empfindungen finden. Trainiert wird das in einem virtuellen Lern- und Erfahrungsraum, die Technologie lässt sich aber auch in der Realität anwenden. „Im nächsten Schritt wollen wir die Emotionen von Mitmenschen auf diese Weise erlebbar machen“, so Vukelic.
Neurowissenschaftliche und psychologische Methoden für gesündere Arbeit
Ihre neuen Ansätze der Neurowissenschaft, Psychologie, Data Science und des Maschinellen Lernens wollen der Forscher und sein Team auch Unternehmen nahebringen und diese informieren, wie mentale Gesundheit und Wohlbefinden durch Technologien nachhaltiger verankert werden können.
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