Mitarbeiterfluktuation kennzeichnet Betriebsklima
... von Heiko Wruck
RATGEBER
Lassahn/gc. Es gibt zwei ganz untrügliche Anzeichen dafür, dass ein Unternehmen in der Krise steckt: eine starke Mitarbeiterfluktuation und lange Zeit unbesetzte Stellen.
Diese Zündschnur brennt gleichzeitig an beiden Seiten. Wertvolle Mitarbeiter verlassen scharenweise das Unternehmen, während kaum neue Leute bereit sind, anzuheuern. Dabei ist klar, die Mitarbeiter verlassen in der Regel nicht massenhaft das Unternehmen, sondern nur ihre miserablen Vorgesetzten. Und Tatsache ist auch, die Besten gehen zuerst.
Befinden ist egal
Wer wissen will, was sie oder er der Führungskraft gilt, kann sich an ein paar einfachen Indizien orientieren. Wenn Führungskräften egal ist, wie sich die Mitarbeiter fühlen, liegt bereits einiges im Argen. Gesundheitsprobleme, familiäre Nöte und zeitweilige Zwangssituationen sollten nicht unangesprochen bleiben. Folgen auf die Ansprache keine Lösungsbemühungen seitens der Chefetage ist dies ein klares Indiz dafür, dass die betreffende Person oder die Belegschaft insgesamt als minderwertig betrachtet wird. Dabei ist doch eigentlich allen Beteiligten eines klar: Privat geht vor Katastrophe. Jeder Mensch entscheidet sich im Zweifel immer zuerst für die eigenen Angelegenheiten. Und wenn die Führungskräfte die Wichtigkeiten ihrer Mitarbeiter nicht interessieren, dann haben die Mitarbeiter auch nichts für die Belange der Firma übrig.
Kein gegenseitiges Vertrauen
Ein weiteres Indiz für krisenhafte Zustände im Unternehmen sind Vertrauensmangel und Vertrauensbrüche. Werden Zusagen, Handschlagabmachungen und selbst schriftliche Vereinbarungen unzureichend oder gar nicht eingehalten, leiden die Qualität der Arbeit und das Betriebsklima massiv darunter. Vertrauen ist der erste Schritt einer gedeihlichen Zusammenarbeit. Wird das entgegengebrachte Zutrauen immer aufs Neue enttäuscht oder gebrochen, geht die Geschäftsgrundlage zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft verloren. Es bedarf eines Wertekanons und eines ethischen Rahmens, um eine belastbare Geschäftsgrundlage zwischen Führungskräften und Belegschaft aufzubauen. Erfolgt dies nicht, ist die innere Kündigung der Beteiligten zwangsläufig.
Immer neue Ultimaten
Mangelndes Vertrauen und fehlendes Mitgefühl führen rasch zu unangenehmen Reibungen. Nicht selten reagieren beide Seiten dann schnell mit Ultimaten: Chefs und Mitarbeiter drohen dann bei fast jeder Gelegenheit gegenseitig mit Verweigerungen und Kündigungen. Jedes noch so kleine Zugeständnis wird als Einknicken vor dem „Feind“ gewertet. Entsprechend schwierig wird es, für betriebliche Projekte eine kreative Atmosphäre aufzubauen oder überhaupt eine Arbeitsmotivation zu entwickeln.
Anerkennung gibt es nie
Kritik findet sich zuhauf an jeder Ecke, aber ehrliches Lob ist Mangelware. Mit Dauerkritik lassen sich, wenn überhaupt, nur durchschnittlich akzeptable Arbeitsergebnisse erzielen. Die Einstellung, dass Mitarbeiter ja schließlich für ihre Arbeitsleistung bezahlt werden, ist zwar grundsätzlich berechtigt. Doch Wertschätzung definiert sich nicht allein über das Einkommen. Lob, Prämien, Karriereziele und sorgfältig ausgewählte Privilegien zeigen das jeweilige Maß der Anerkennung jenseits des Lohnzettels.
Der Chef hat nie für mich Zeit
Die persönliche Wertschätzung der Führungskraft beginnt bei der Bereitschaft, mit Mitarbeitern Wunschtermine wahrzunehmen. Chefs, die sich den Terminwünschen ihrer Mitarbeiter permanent verweigern, zeigen ganz offen ihr Desinteresse.
Geld für fast alles
Alle nasenlang gibts für die Führungskräfte neue Spielzeuge: Autos, Smartphones, Laptops, aber auch Bildungsreisen, Wellness-Seminare oder Geschäftsessen oder Boni. Nur die Gehaltsverhandlungen für die Belegschaft kommen nicht voran oder fallen zu mager aus. Richtig ist, dass die Gewinne das Ergebnis einer guten betriebswirtschaftlichen Vergangenheit sind. Steht die Firma solide da, bilanziert sie erfreuliche Gewinne. Richtig ist aber auch, dass Investitionen die Grundlage künftiger Gewinne sind. Wer als Unternehmer an seiner wichtigsten Ressource, dem Personal, spart, entzieht sich selbst die Geschäftsgrundlage. Autos kaufen keine Autos.
Ohne Führung
Gute Chefs stellen sich immer vor ihre Leute. Damit geben sie nicht allein nur die Richtung vor, sondern sie schützen ihre Mitarbeiter auch vor Angriffen. Damit fördern sie deren Entscheidungsfreudigkeit sowie deren Eigenverantwortung. Schließlich ist es nicht sinnvoll, kluge Leute ins Unternehmen zu holen und ihnen anschließend vorzuschreiben, was sie zu tun und zu lassen haben. Besser ist es, wenn die klugen Leute sagen, wie eine Aufgabe am besten erfüllt werden kann und sie die Umsetzung dann selbst bewältigen.
Im luftleeren Raum
Wer die Neuigkeiten immer nur aus dem Küchenfunk oder dem Flurgeraune abgreift, aber nie etwas direkt aus der Chefetage erfährt, ist entweder innerbetrieblich schon verstorben oder so unbedeutend, dass es auch egal ist, ob man dabei ist. Betriebszugehörigkeit sieht anders aus.
Namenloses Rädchen
Wenn dein Chef deinen Namen nicht kennt, auch wenn du bereits zum Mobiliar gehörst, dann solltest du dich fragen, was du eigentlich im Betrieb willst. Denn gebraucht wirst du offenbar nicht. Aber wenn dir die bezahlte Duldung genügt, kannst du damit vielleicht deinen Frieden machen.
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