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Freitag, 17. März 2023

Datensparsam ausbreiten

Studie: flächendeckendes Smart-Meter-Rollout
Redaktion: IÖW
PRESSEMITTEILUNG
Berlin/gc. Bislang sparen Haushalte nach Einbau eines intelligenten Stromzählers („Smart Meter“) keinen Strom. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung gGmbH (IÖW).

Forscherinnen empfehlen: Der Smart-Meter-Rollout sollte für die Umsetzung der Energiewende flächendeckend erfolgen. Dabei sollten jedoch die ökologischen Belastungen minimiert und die digitale Infrastruktur so datensparsam wie möglich betrieben werden. Die Kosten für Smart Meter sind kaum durch Stromeinsparung kompensierbar. Daher sollte der Aufbau der Infrastruktur mit Steuermitteln bezuschusst werden.

Damit die Energiewende vorankommt, sind „intelligente“ Stromzähler eine wichtige Voraussetzung. Doch der Rollout zur Digitalisierung der Energiewende stockt. Den Durchbruch soll nun ein neues Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende bringen, für das das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Dezember 2022 einen Referentenentwurf vorgelegt hat. Forschende des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) haben mit Förderung durch das BMWK untersucht, wie sich Ausbau und Betrieb der digitalen Energieinfrastruktur ökologisch auswirken. Eine Analyse der Verbrauchsdaten von 1.600 Haushalten zeigt: Der Einbau eines Smart Meter führt bislang zu keinen nennenswerten Stromeinsparungen. Um bei der Digitalisierung der Energiewende die Umwelt zu schonen, empfiehlt das IÖW: Smart Meter sollten so datensparsam wie möglich betrieben werden.

Smart Meter zentral für flexibleres Stromsystem
„Deutschland will möglichst rasch klimaneutral werden. Im Stromsektor heißt das vor allem: Mehr Solar- und Windenergie. Da diese Energiequellen wetterbedingt fluktuieren, muss das Stromsystem flexibler werden. Mit intelligenten Stromzählern können Verbraucher etwa flexible Tarife angeboten werden, in deren Preisgestaltung sich die Höhe des Stromangebots niederschlägt“, erklärt IÖW-Energiewendeforscherin Astrid Aretz. „Diese intelligente Strominfrastruktur ist für ein erneuerbares Stromsystem essenziell. Lange Zeit war mit dem Einbau von Smart Metern zudem die Hoffnung verbunden, dass Verbraucher Strom sparen, indem ihnen ihr Verbrauch sichtbar gemacht wird und sie so Einsparpotenziale erkennen. Unsere empirischen Untersuchungen zeigen: Diese Hoffnung erfüllt sich bislang nicht.“

Viele Millionen Stromzähler sollen „smart“ werden
Der Rollout bringt logistischen und regulatorischen Aufwand mit sich und eine große Menge an Hardware- sowie Softwarekomponenten. Allein der Pflichteinbau nach dem aktuellen Gesetz beläuft sich auf sieben Millionen Messstellen, also mindestens genauso viele Smart Meter mit den dazugehörigen Gateways, den Übertragungseinheiten. Ein flächendeckender Ausbau beträfe über 40 Millionen Haushalte. Ihr Lebenszyklus, Stromverbrauch und Datenaufwand sowie der Austausch bisheriger Stromzähler haben relevante ökologische Folgen.

So brauchen intelligente Zähler im Betrieb für Datensammlung, -verarbeitung und -transfer selbst Strom. Bei einer sekündlichen Erfassung, die auch den Verbrauch einzelner Geräte erkennbar macht, summiert sich die Klimawirkung eines Smart Meter auf etwa 17 kg CO₂-Äquivalente in einem Jahr, was etwa 40 Waschladungen mit einer herkömmlichen Waschmaschine entspricht. Daher empfehlen die Forschenden, dass die Daten konsequent nur nach Bedarf erhoben werden. So sollten die Voreinstellungen im Default-Modus eines intelligenten Zählers etwa eine wöchentliche Erhebung vorsehen, die nur bei besonderem Bedarf häufiger erfolgt.

Datensparsamkeit beim Betrieb der
intelligenten Zähler aus Umweltsicht zentral
„Datensparsamkeit ist zentral dafür, dass Umweltbelastungen, die durch Aufbau und Betrieb der Infrastruktur entstehen, möglichst gering sind“, so IÖW-Forscherin Clara Lenk. Auch ist es wichtig, den Rollout so zu konzipieren, dass Smart Meter flächendeckend eingebaut werden. Nur so wird es möglich, maximale Einsparungen zu erzielen und den immensen logistischen Aufwand des Rollouts effizient zu steuern. „Der flächendeckende Ausbau hätte deutliche Effizienzvorteile: So würde ein großer logistischer Aufwand entfallen, wenn der Um¬bau nicht punktuell, sondern straßenweise erfolgen würde“, ergänzt Astrid Aretz.

Kosten eines Smart Meters für Haushalte
nicht durch Stromeinsparung kompensierbar
Da die Kosten, die auf die Haushalte für einen Smart Meter zukommen, in der Regel nicht durch die Stromeinsparung kompensiert werden, die Verbreitung des Smart Meter aber eine notwendige Infrastruktur für die Energiewende ist, sollte diese Belastung nicht komplett den Verbraucher*innen übertragen werden, so das IÖW in seiner Untersuchung. Zumindest ein Teil der Kosten sollte aus öffentlicher Hand durch Steuermittel bezuschusst werden, empfehlen die Forscherinnen.

Download:

Mehr Informationen zu dem Projekt:
Die Untersuchung wurde im Projekt „Detective – Energieeinsparung durch Digitalisierung“ (FZK 03EI5204) erarbeitet, das durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert wurde.

Pressekontakt:
Richard Harnisch
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Tel.: 030 884 594 16
kommunikation@ioew.de

Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Rund 70 Mitarbeiter*innen erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Astrid Aretz
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW)
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsfeld
„Nachhaltige Energiewirtschaft und Klimaschutz“
Tel.: +49 30/884594-17
astrid.aretz@ioew.de

Originalpublikation:
Aretz, Astrid; Ouanes, Nesrine (2023): Smart-Meter-Rollout: Die Energiewende datensparsam voranbringen, IÖW-Impulse Nr. 5, Januar 2023.

Weitere Informationen:
● Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende
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