Handlungspflichten und -tendenzen im Fokus
... von Heiko Wruck
RATGEBER
Lassahn/gc. Niemand ist vor einem Arbeitsunfall gefeit. Damit sind dann auch verschiedene Konsequenzen verbunden. Auch wenn die Umstände für die Abgrenzung eines Arbeitsunfalls zu einem „normalen“ Unfall fließend erscheinen: die Grenzen sind dennoch klar umrissen. Dabei spielt die Handlungstendenz eine entscheidende Rolle.
Wann ist es ein Arbeitsunfall?
Um einen Arbeitsunfall handelt es sich, wenn ein gesetzlich Unfallversicherter bei einer versicherten Tätigkeit verunfallt. Diese versicherte Tätigkeit kann auch der Weg zur Toilette oder zur Kantine beziehungsweise die Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung sein. Der Unfall wird nur dann als Arbeitsunfall eingestuft, wenn es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallgrund und versicherter Tätigkeit gibt.
Wann ist es kein Arbeitsunfall?
Es ist nicht jeder Unfall, der am Arbeitsplatz oder während der Arbeitszeit geschieht, automatisch auch ein Arbeitsunfall. Ausschlaggebend für die Einordnung ist der innere Zusammenhang zwischen Unfallursache und versicherter Tätigkeit. Ausschließungsgründe für einen Arbeitsunfall können zum Beispiel private Telefonate, vorsätzliche und rechtswidrige Handlungen oder das Betreten der Toilette oder der Kantine sein. Auch private Einkäufe und Besuche sind Ausschließungsgründe (z. B. bei Wegeunfällen), wenn der Arbeits- oder Heimweg deswegen verlassen wird (private Umwege). Die Abgrenzung eines Arbeitsunfalls vom „normalen“ oder „gewöhnlichen“ Unfall erfolgt über die sogenannte Handlungstendenz.
Welche Pflichten haben Arbeitgeber bei einem Arbeitsunfall?
In jedem Fall sind Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsunfälle sofort ihrer zuständigen Berufsgenossenschaft anzuzeigen. Dafür gilt eine Meldefrist von maximal drei Tagen nach Bekanntwerden des Arbeitsunfalls. Der Arbeitgeber ist außerdem dafür verantwortlich, dass Erste Hilfe geleistet, und gegebenenfalls ein Arzt hinzugezogen sowie der Unfallhergang dokumentiert wird. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber Maßnahmen zur Unfallverhütung veranlassen.
Welche Pflichten haben Arbeitnehmer bei einem Arbeitsunfall?
Arbeitsunfälle müssen von den Arbeitnehmern unverzüglich an ihre Vorgesetzten oder direkt an den Arbeitgeber gemeldet werden. Sie sind ebenfalls verpflichtet, persönlich an der Aufklärung des Unfallhergangs mitwirken. Außerdem besteht für Arbeitnehmer, falls notwendig, die ärztlichen Behandlungen in Anspruch zu nehmen.
Was bedeutet der Begriff Handlungstendenz?
Um den Arbeitsunfall von einem „normalen“ oder „gewöhnlichen“ rechtlich abgrenzen zu können, ist es wichtig, nachzuweisen, ob es einen Zusammenhang zwischen Unfallhergang und versicherter Tätigkeit gibt. Dieser Vorgang wird als Handlungstendenz bezeichnet. Weist die Handlungstendenz auf eine private Tätigkeit hin, gilt der Unfall nicht als Arbeitsunfall (z. B. Sturz in der Raucherpause). Weist die Handlungstendenz auf eine berufliche Tätigkeit hin, erfolgt die Einstufung als Arbeitsunfall. Die Feststellung der Handlungstendenz ist immer eine Einzelfallprüfung. Hier werden alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Es gibt jedoch keine speziellen Vorschriften, die eine Handlungstendenz von vornherein festlegen.
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