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Mittwoch, 6. August 2014

Hansa, Mücken und Kalaschnikows

Reisen bedeutet, sich auf Menschen einzulassen 
von Heiko Wruck
BERICHT
Gadebusch/gc. Dass die Welt ein Dorf ist, hat der Wittenburger Holger Hempel (43) häufig erfahren. Schon kurz nach seiner Geburt zogen seine Eltern ins benachbarte Gadebusch. Als sein Erwachsensein gerade begann, fiel die Mauer und damit öffnete sich auch für ihn die Welt. Mittlerweile hat er in jedem Ozean auf dem Globus gebadet.

Ob in Afrika, Russland oder Nordamerika, überall hat er immer wieder Deutsche getroffen oder Leute, die in Deutschland gelebt haben.

„In Namibia hing ein Plakat des FC Hansa in einer Kneipe. Ein Rostocker war dorthin ausgewandert. In Kanada entpuppte sich die Besitzerin einer Bar als Lübeckerin. In einem Hotel nahe Moskau übernachteten wir in einem Zimmer mit einem russischen Offizier, der eine zeitlang in Wismar stationiert war.“

Auf seinen Reisen hat Holger Hempel viel über das Leben gelernt. Eine Erkenntnis war, dass die Menschen, je ärmer sie waren, umso gastfreundlicher wurden. Eine andere Erkenntnis: nirgends ist es so schön wie an der Ostsee.

„Als ich mit einem Freund 2005 nach Russland aufbrach, hatte ich eine romantische Vorstellung vom Baikal. Dort stellte ich fest, dass die Realität weit davon entfernt war. In vielen schönen Gegenden, die wir sahen, lebten die Menschen oft im Plastikmüll, der sich an den Straßen und am Seeufer sammelte. Auch Ölwechsel auf offener Straße oder in freier Natur waren dort normal.“

In Irkutsk gelang den Freunden, was eigentlich unmöglich ist. Ausländer dürfen dort kein Auto kaufen. Trotzdem hatten sie in einer Zeitung inseriert. Der Zufall wollte es, dass der Stadtkommandant von Kischinau, Hauptstadt von Moldawien, in Irkutsk war. Als ehemaliger Stadtkommandant von Parchim hatte er sich bei ihnen gemeldet und den Kauf dann doch möglich gemacht. So ging es 8.000 Kilometer querfeldein von Sibirien mit dem eigenen Wolga in drei Wochen zurück nach Gadebusch.

„Egal wie klein ein Ort war, überall gab’s Strom und Wasser. Eine grandiose Leistung. Aber die Menschen fürchteten sich vor der grassierenden Kriminalität. Deswegen campierten wir, wenn’s kein Hotel gab, nur auf von Bewaffneten bewachten Parkplätzen. Und noch eine Sache: Wenn du in der Taiga im Sommer deine Notdurft verrichten musst, dann immer nur zu zweit. Nicht der sibirischen Tiger, Wölfe oder Bären wegen. Der Zweite hat voll damit zu tun, die gigantischen Mücken­schwärme abzuwehren.“

Bildunterschrift:
Gadebuscher Unternehmer Holger Hempel: Jeder Teil der Welt ist das Zentrum für den, der dort lebt. Deswegen braucht auch Mecklenburg-Vorpommern den Austausch: kulturell, politisch, wirtschaftlich:  Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
heiko@wruck.org
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