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Dienstag, 9. Dezember 2014

Lehrstuhl für Windenergietechnik

Stiftungsprofessur gibt Wirtschaft neue Impulse
Redaktion: Universität Rostock
PRESSEMITTEILUNG
Rostock/gc. Wind und Energie – das gehört nicht nur für Segler zusammen. Wind-Energie ist längst zur tragenden Säule der Energieversorgung in Deutschland geworden. Und die junge Branche geht mit großen Schritten weiter. Immer leistungsfähigere Anlagen ernten auf immer höheren Türmen immer mehr Strom. An der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik der Universität Rostock ist seit dem 1. Januar 2014 eine Stiftungsprofessur für Windenergietechnik verankert worden. Der private Stifter ist der Windenergieanlagenbauer Nordex, der mit rund 1500 Beschäftigten in Rostock und 2800 weltweit zu den größten Arbeitgebern in Mecklenburg-Vorpommern zählt.

Lehrstuhlinhaber Professor Uwe Ritschel (55), der sich seit gut 20 Jahren für regenerative Energien interessiert, wie er sagt, hat längst Pflöcke eingeschlagen und Kooperationen mit der Industrie angebahnt. Ein erstes Forschungs-Verbund-Projekt ist gemeinsam mit der Rostocker Firma Eikboom beantragt. Es geht um die modulare Gestaltung und Vereinfachung der Montageprozesse bei großen Windenergieanlagen.

Ein zweites Forschungsvorhaben ist in Vorbereitung. Die Herausforderung dabei: herausfinden, wie Simulationsverfahren für Windkraftanlagen verbessert werden können. Zudem soll eine Windkraftanlage für Forschungszwecke aufgebaut werden. „Noch offen ist die Standortfrage“, sagt Ritschel. Der studierte Physiker hat an mehreren Universitäten in Deutschland und den USA wissenschaftlich gewirkt und 15 Jahre in der Industrie gearbeitet. Seit 2002 ist er in Bad Doberan mit einem Unternehmen in der Windkraftbranche selbständig. „Die Erfahrungen aus der Wissenschaft mit denen aus der Industrie zu kombinieren“, das macht den Reiz meiner Forschungen an der Uni Rostock aus“, sagt Ritschel. „Das Interesse junger Wissenschaftler, hier zu forschen, ist groß. Er erhalte Bewerbungen aus aller Welt.

In den nächsten zwei bis drei Jahren will Prof. Ritschel die Mitarbeiterzahl am Lehrstuhl von jetzt vier auf zehn bis 15 erhöhen. Vorausgesetzt natürlich, es gibt grünes Licht für die angeschobene Forschung. Der Rektor der Uni Rostock, Prof. Wolfgang Schareck, misst dem Lehrstuhl für Windenergietechnik oberste Priorität zu. Er hat das Projekt von der ersten Idee an gemeinsam mit dem WindEnergy Network e.V. und der Wirtschaftsförderung Rostock Business sowie dem Bildungsministerium vorangetrieben. Für den Rektor ist es „mehr als ein Symbol für eine zeitgemäße Anwendungsforschung zum Thema erneuerbare Energien“. Zudem bedeute der neue Lehrstuhl auch eine überregionale Stärkung der Ingenieurwissenschaften. Der Rektor weiß sehr wohl, dass die Ingenieurwissenschaftliche Fakultät noch großen Sanierungsbedarf hat. Er habe die Hoffnung, dass die Sanierung des Seminar-und Statikgebäudes bald beginne. Es gebe in der Nachbarschaft durchaus Potenzial für Ausgründungen und die Symbiose „Leben, Forschen und Arbeiten“.

Für Energieminister Christian Pegel ist die Energiewende „die große industrielle Chance für MV“. Eine wichtige Aufgabe komme der Wissenschaft zu. Wie bei der Wirtschaftsentwicklung in diesen relativ neuen Unternehmensbranchen der Erneuerbaren Energien sei auch in der Wissenschaftswelt das „Fell des Bären nicht schon lange und beinahe unveränderlich verteilt“. Die Forschung könne auf praktische Erfahrungen aus der Praxis vor ihrer Haustür zurückgreifen. Auch der Dekan der Fakultät, Professor Egon Hassel, unterstützt den Lehrstuhl für Windenergietechnik. „Das ist eine wichtige, zentrale Professur, die zur Landespolitik und unserem Profil passt“.

Mecklenburg-Vorpommern ist nach einer aktuellen Bundesländer-Vergleichsstudie zu den Erneuerbaren Energien vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bereits jetzt Spitzenreiter im Bereich des technologischen und wirtschaftlichen Wandels, konstatiert der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Jochen Schulte. „Mit 23,2 Arbeitsplätzen in der Erneuerbaren-Branche pro 1000 Arbeitnehmern ist MV führend“, sagt Schulte. Daran wolle die Landesregierung anknüpfen und vor dem Wind segeln. Seit dem Wintersemester wird an der Fakultät für Masterstudenten das Fach Windenergietechnik angeboten. „Trotz des großen Fächerspektrums gibt es ein großes Interesse“, konstatiert Ritschel. Er habe die Lehrveranstaltungen vorbereitet und lege Wert auf praxisorientierte Themen. Bachelor-und Masterarbeiten sind vergeben, bzw. abgeschlossen.

Rostock Business hat gemeinsam mit dem WindEnergy Network die Initiierung und Entwicklung der Stiftungsprofessur für Windenergie intensiv begleitet. „Schließlich ist ein solcher Forschungsschwerpunkt standortfördernd und unterstützt F & E-affine Unternehmen“, unterstreicht Geschäftsführer Christian Weiss. „Die Universität Rostock hat sich damit auf die Bedürfnisse der Wirtschaft eingestellt, die so neue Produkte entwickeln kann und zukünftige Arbeitnehmer findet“, hebt Weiss hervor. „Als Wirtschafts- und Technologieförderer sorgen wir in erster Linie für eine gute Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft. So waren wir beispielsweise jetzt auf einer Delegationsreise in den Niederlanden, um dort gemeinsam mit dem Landesenergieminister und Unternehmensvertretern sowie Wissenschaftlern von den holländischen Erfahrungen im Bereich Windenergie zu lernen. Rostocker Unternehmen liefern unter anderem ihre Produkte in die Niederlande“.

Das sagt der Energieminister:
„Wir fangen in der Forschung nicht bei null an“, sagt der Energieminister von MV, Christian Pegel . An den Hochschulen haben sich längst Lehrstühle sehr engagiert dieser Forschungsaufgabe gewidmet. „Die beiden Netzstudien der Landesregierung wären ohne die fachliche Hilfe aus der Universität Rostock kaum denkbar gewesen“, unterstreicht Pegel. Und auch Stralsund habe viele Jahre Vorlauf beispielsweise in Sachen Speicherforschung. Auch in Greifswald und Wismar habe man sich diesen Themen gestellt. „Und natürlich ist mit der im Januar erfolgten Besetzung der Nordex- Stiftungsprofessur ein weiterer wichtiger Pflock eingeschlagen worden“, so Pegel. Die besonders enge Verzahnung von Forschung und Wirtschaft, die in Mecklenburg-Vorpommern möglich sei, könne kaum besser als mit dieser Professur beschrieben werden.

Eine Möglichkeit, Forschung zu unterstützen, sei die projektbezogene Forschung. Hier engagiere sich die Landesregierung, indem sie Förderprogramme für wichtige Forschungsfelder entwickle. „So definiert unsere Regionale Innovationsstrategie, kurz RIS, das Thema Energie als eines von sechs Zukunftsfeldern“. Zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation in diesen Zukunftsfeldern stehen von 2014 bis 2020 rund 168 Mio. Euro aus dem EFRE-Strukturfonds zur Verfügung. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die F&E-Kooperationen zwischen der Wirtschaft und den Forschungseinrichtungen des Landes. Zum Zukunftsfeld Energie hat sich eine Lenkungsgruppe gebildet, mit Vertretern der Hochschulen, der beteiligten Ministerien und der Wirtschaft. Zur Einbindung weiterer Akteure werden thematische Workshops durchgeführt.

Daneben plant die Landesregierung in der neuen EU-Strukturfondsförderperiode mit einem Energieforschungsprogramm (Volumen 6 Mio. Euro ESF + max. 4 Mio. Euro EFRE) einen Schwerpunkt im Bereich Energie zu setzen. Mit dem Programm sollen insbesondere die Themen „Netz- und Speichertechnologien für eine verstärkte regenerative elektrische Energieversorgung“ vorangetrieben werden.

Professor auch als Unternehmer erfolgreich
Die Firma „Windrad Engineering GmbH“ von Prof. Uwe Ritschel hat seit der Gründung im Jahr 2002 über 300 größere und kleinere Projekte für ca. 50 Kunden weltweit bearbeitet. Bis 2007 waren dies meist Teilprojekte in WEA-Entwicklungen (Neuentwicklungen, Entwicklung von Varianten von bestehenden Anlagen oder Überarbeitung und Modernisierung von älteren Anlagen). Danach wurden fünf Komplettentwicklungen erfolgreich durchgeführt. Komplettentwicklung bedeutet, dass eine WEA von Grund auf neu konzipiert wird. Viele Komponenten müssen dabei konstruiert und berechnet werden, andere müssen zugekauft und ins Design integriert werden. Die Komplettentwicklungen wurden vorwiegend für Kunden aus Asien (Indien, China, Korea) durchgeführt. Von einer Anlage, im Auftrag der chinesischen Firma Geoho entwickelt, wurden in den letzten drei Jahren in den Provinzen Innere Mongolei und Xinjiang bereits mehrere hundert Stück installiert. In vielen Projekten wurde auch für Firmen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern gearbeitet. Meist handelte es sich hier aber um Teilaufgaben in größeren Projekten.

Kontakt:
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