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Dienstag, 22. Dezember 2015

Silberamulett digital entrollt

Zerstörungsfreie Archäologie in der Praxis
Redaktion: Ruhr-Universität Bochum
PRESSEMITTEILUNG
Bochum/gc. Ein Silberamulett aus frühislamischer Zeit um 750 n.Chr. haben deutsche und dänische Wissenschaftler der Universitäten Bochum und Aarhus mit Hilfe moderner Computertomographie digital entrollt. Damit gelang es ihnen erstmals, eine neue und zerstörungsfreie Methode auf ein unregelmäßiges, komplex gefaltetes Objekt anzuwenden. Über die aktuellen Erkenntnisse aus ihrem spektakulären Fund berichten die Forscher in „Scientific Reports“ (Nature Group).


Das deutsch-dänische Forscherteam um Prof. Dr. Achim Lichtenberger (RUB) und Prof. Dr. Rubina Raja (Universität Aarhus) arbeitet seit 2011 in der Dekapolisstadt Gerasa/Jerash in Jordanien. 2014 fanden die Wissenschaftler bei Ausgrabungen in einem frühislamischen Haus ein kleines Metallröllchen, in dem ein eng und unregelmäßig gefaltetes dünnes Metalltäfelchen steckte. Das Täfelchen bestand aus Silber mit einem geringen Goldanteil und war beschriftet. „Es handelt sich um ein magisches Amulett, das zum Schutz vor Unheil verwendet wurde“, erläutert Prof. Lichtenberger.

Digital in Scheiben zerschnitten
Da sich das dünne und fragile Metalltäfelchen jedoch nicht manuell entrollen ließ, ohne dass es zerbrechen und zerstört würde, musste ein neues Verfahren angewandt werden, um den Text des zusammengerollten Täfelchens zu lesen. Nachdem das Amulett aus dem Metallröllchen entfernt und konserviert worden war, wurde es computertomographiert. Anschließend hat ein an spezieller Software ausgebildeter Philologe die Silbertafel digital in einzelne Scheiben zerschnitten und am Bildschirm förmlich ausgerollt. Diese Technik wurde zuvor nur an regelmäßig zusammengerollten Tafeln oder an Papyri angewandt, doch stellte das Silberamulett in seiner komplexen Faltung andere Anforderungen.

Ein faszinierender Einblick
Die Ergebnisse sind nach Ansicht der Forscher beeindruckend: In das Silbertäfelchen (4 x 10 cm) waren 17 Zeilen pseudo-arabischer Schrift eingeritzt. „Obwohl der Text nicht lesbar ist, da es eine Pseudoschrift ist, gibt uns das Objekt doch einen faszinierenden Einblick in das Fortleben semitischer und griechisch-römischer magischer Praktiken in der frühislamischen Zeit“, sagt Achim Lichtenberger. Die digitale Entrollung des Schriftdokuments unterstreiche zudem, wie durch die Kombination aus philologischer Expertise, naturwissenschaftlichen Methoden und softwaregestützter Modellierung ein archäologisches Objekt neue kulturgeschichtliche Erkenntnisse liefere. Die zerstörungsfreie Methode kann potenziell auch für andere derartige Objekte eingesetzt werden – viele davon liegen noch unausgerollt in Museumsmagazinen auf der ganzen Welt.

Titelaufnahme:
G. H. Barfod, J. M. Larsen, A. Lichtenberger, R. Raja (2015): Revealing text in a complexly rolled silver scroll from Jerash with computed tomography and advanced imaging software. Scientific Reports, DOI: 10.1038/srep17765 - http://www.nature.com/articles/srep17765

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Achim Lichtenberger
Institut für Archäologische Wissenschaften
Fakultät für Geschichtswissenschaft der
Ruhr-Universität Bochum
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