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Sonntag, 10. Juli 2016

Auch vegetarisch, nicht vegan

... bio und regional frühstückt Naturschützer Klaus Jarmatz
von Heiko Wruck
GESPRÄCH
Zarrentin/gc. Gibt’s morgens ein typisches Naturschützerfrühstück: vegan, gesund, bio?
Gesund schon, nicht vegan, manchmal vegetarisch, aber auf jeden Fall bio und möglichst viele Zutaten aus der Region. Meine Frau ist nebenbei auch Imkerin. Da kommt der Honig natürlich aus eigener Produktion. Statt Kaffee gibt’s Tee. Der Kaffee kommt in der zweiten Tageshälfte. Ansonsten esse ich sehr gerne Fleisch und Fisch, vielleicht nicht gerade zum Frühstück gegen 6.15 Uhr mit Vollkornbrot. Ich bin ein leiderschaftlicher Hobbykoch, probiere viel aus, nicht so sehr nach Rezeptbuch. Ich habe gelernt, dass Lebensmittel nicht gleich Lebensmittel sind und regionale Erzeugung wichtig für Qualität ist.


Könnte Mecklenburg auch ein Atommüllendlager vertragen?
Kernkraft ist ein Irrweg. Fakt ist, der Atommüll muss irgendwo hin. Ob sich das Dreieck zwischen Gadebusch, Schwerin und Zarrentin dafür tatsächlich eignet, kann und muss ggf. genau geprüft werden. Es ist jedoch nicht sinnvoll, alles pauschal abzulehnen. Wer Kernkraft nutzt oder genutzt hat, der muss auch die Folgen dieser Technologie tragen. Wir nutzen die Kernkraft. Damit muss man ehrlich umgehen. Aus meiner Sicht ist aber diese Standortoption sehr unwahrscheinlich.

Ehrlichkeit ist ein gutes Stichwort, das man bei der
Diskussion um invasive Arten jedoch kaum wahrnimmt.
Invasive Arten lassen sich nicht vermeiden. Fauna und Flora verändern sich doch ständig. Immer schon. Die Landbrücken von vor Jahrmillionen wurden durch Handel und Tourismus ersetzt. So verbreiten sich die Arten heute schneller und weiter.

Ist doch egal, ob der europäische
oder der asiatische Marienkäfer bei uns herumfliegt.
Ich halte den Verlust an Biodiversität für sehr gefährlich. Er ist nur nicht so spektakulär. Es gibt stärkere Bilder und Schlagzeilen, wenn wegen des gestiegenen Meeresspiegels ganze Inselgruppen absaufen, die Menschen buchstäblich bis zum Hals im Wasser stehen, zu Flüchtlingen und dann selbst als invasiv wahrgenommen werden. Was macht da ein Marienkäfer aus? Das Problem ist, dass jede Art, die verdrängt wird, den Niedergang mehrer Arten bedeuten kann. Wenn sich also durch menschliches Zutun Arten in kurzer Zeit überproportional ausbreiten, hat dies immer einen ganz unmittelbaren Einfluss auf die gesamte Umwelt: Fauna und Flora.

Je geringer die Biodiversität, umso höher die Einkommen?
Das ist durchaus ein Szenario. Nehmen wir zum Beispiel die Landwirtschaft. Viele Äcker sind übernutzt. Monokulturen dominieren den Anbau. Das Grundwasser ist vielerorts belastet. Die Oberflächengewässer sind belastet. Oft wird in der Landnutzung kaum zwischen Profitoptimierung und Profitmaximierung unterschieden. Wir unterliegen dem Glauben, immer mehr Wachstum mache uns glücklich. Daraus entsteht ein Kreislauf, der viel schneller wirkt als der Klimawandel. Ökosysteme funktionieren durch Vielfalt und Komplexität. Sind die zerstört, war’s das für die Menschen. Zum Glück erfolgt ein Umdenken bei den Landnutzern und in der Gesellschaft.

Läuft’s am Schaalsee besser?
Wir versuchen – es in den Biosphärereservaten, als Modellregionen – besser und ausgewogener zu machen. Viele regionale Akteure, Vereine und Verbände sowie Politiker unterstützen uns. Wir haben viel erreicht, darauf sind wir stolz.

Zur Person
Für alles, was der Mensch tut oder unterlässt, meint Klaus Jarmatz, muss er auch bereit sein, die Folgen zu tragen.
Berufliches: Studium Marine Ökologie und Meeresbiologie 1978 - 1983, Berlin Institut für Umweltüberwachung 1983 - 1990; unter anderem bis 1986 auf Ostsee-Forschungsschiff – Radio-Nuklide in marinen und linnischen Ökosystemen, ab 1986 Beobachtung der Auswirkungen der Tschernobyl-Katastrophe in DDR, Überwachung des Kernkraftwerks Greifswald und des Greifswalder Boddens, 1983 ehrenamtlich Fachgruppe Ichthyologie/Gewässerökologie in Berlin, 1990 Angestellter im Nationalparkamt MV, Leiter Außenstelle Naturpark Schaalsee, heute Leiter des Biosphärenreservatsamtes Schaalsee/Elbe; 1990 - 1992 Weiterbildungsstudiengang Umweltschutz
Privates: geb. 15. April 1957 in Neuhaus/Elbe, Schule und Abitur in Hagenow bis 1975, geheiratet 1982, zwei Kinder, Hobbys: Reisen, Kochen, Angeln, Wandern, Lesen, Kontakte zu anderen Menschen und Kulturen, ist auch gern mal daheim

Bildunterschrift:
Klaus Jarmatz: Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern aktuell zwei Wolfsrudel. Die Population wird sich stabilisieren. Die Entwicklung der Populationen wird von Seiten des Landes im Rahmen des Wolfsmonitorings begleitet. Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
heiko.wruck@t-online.de
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