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Montag, 4. Juni 2018

Ohne Pilze geht es in den Tag,

... wenn der Urologe Prof. Chris Protzel frühstückt
von Heiko Wruck
GESPRÄCH
Schwerin/gc. Gibt’s Pilze zum Urologenfrühstück?
Nein, Pilze gibt es nicht dazu. Ich stehe um 5 Uhr auf. 5.30 Uhr frühstücke ich, wie andere auch: Brötchen, Wurst oder Käse, Kaffee und Orangensaft.

Weltweit soll bereits der erste resistente Tripper aufgetreten sein. Stimmt das?
Ja, es gab bereits einen Fall von Gonorrhoe, bei dem Resistenzen gegenüber den üblichen Antibiotika festgestellt wurden. Die Erkrankung ist zwar nicht unheilbar, aber die Heilung ist deutlich komplizierter und dauert auch erheblich länger.

Sind Geschlechtskrankheiten auf dem Vormarsch?
Grundsätzlich ja. Zwar ist die Gesamtrelation rückläufig, aber in einzelnen Krankheitsbildern gibt es Zuwächse, beispielsweise bei der Syphilis mit etwa 20 Prozent pro Jahr.

Welche Geschlechtskrankheiten gibt es überhaupt?
... Syphilis, Gonorrhoe, HIV, Chlamydien, Humane Papillomviren,  AIDS, Hepatitis B, Herpes genitalis und andere ...

Welche Schutzmaßnahmen gibt es dagegen?
Kondome sind ein wirksamer Schutz. Oder Impfungen gegen Humane Papillomviren, die Gebärmutterhalskrebs, Anal-, Enddarm oder auch einen Peniskrebs verursachen können. Diese Impfung sollte unbedingt vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgen.

Woran liegt der Vormarsch einzelner Krankheiten?
Zunächst muss leider festgestellt werden, dass die Vorsicht vor den Risiken sehr stark nachgelassen hat. Zum Beispiel beim Thema HIV. Wenn Prominente ihre HIV-Erkrankung öffentlich machen und sagen, dass die Erregerquote auf einem praktisch nicht feststellbaren Niveau gehalten wird, dann ist das immer noch keine wirklich gute Nachricht. Die Erkrankung ist ja nicht weg. Sie wird nur mit Medikamenten in Schach gehalten. Diese Medikamente müssen ein Leben lang genommen werden, haben Nebenwirkungen, und wir wissen nicht, wie sich die Erkrankung und Nebenwirkungen in den nächsten 20 bis 40 Jahren bei dem Patienten gestalten werden. Das Bild, das die Öffentlichkeit hat, bedeutet, HIV/AIDS seien heilbar. Das ist falsch. Sorgsamkeit bei der Auswahl der Partner und Prävention mittels Kondom sind angebracht.

Liegt die Häufung bestimmter Geschlechtskrankheiten allein an der mangelnden Vorsicht?
Nein, jedoch ist die mangelnde Vorsicht hierbei das Hauptkriterium. Die Prostitution hierzulande und der Sextourismus sind ebenfalls wichtige Kriterien für die Zunahme von Geschlechtskrankheiten. Kondome werden heute oft leider nur noch als Schwangerschaftsverhütung begriffen. Sicher, sie sind Verhütungsmittel. Aber Kondome sind auch noch der einzige präventiv wirksame Schutz vor einer Ansteckung beim Geschlechtsverkehr. Etwas anderes gibt es nicht. Das wird sehr oft gar nicht mehr in Betracht gezogen.

Bildunterschrift:
Prof. Chris Protzel: Die Unbekümmertheit im Sexualleben kann sehr schnell einen recht bitteren Nachgeschmack  bekommen. Kondome schützen vor der Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten. Foto: Heiko Wruck

Zur Person
„HIV und AIDS sind immer noch nicht heilbar“, sagt Chris Protzel. „Wir können sie nur therapieren. Mehr aber nicht.“
Berufliches: 1989 - 1995 Medizinstudium in Greifswald; 1995 - 2008 Pflichtassistenzarzt im Krankenhaus Schwerin (heute Helios), Uni-Klinik Greifswald, alle Stufen bis zum Oberarzt, 1998 - 1999 Forschungsaufenthalt Tumorbiologie in Madison (Bundesstaat Visconsin, USA): 2008 Uni-Klinik Rostock als Leitender Oberarzt mit Schwerpunkt Urologie, Krebstherapie mit großen Tumoroperationen und Nierentransplantationen; 2010 Habilitation; seit Juli 2017 bei Helios in Schwerin als Chefarzt im Kollegialsystem gemeinsam mit dem Chefarzt Dr. Peter Bub in der Klinik für Urologie; Dezember 2017 Ernennung zum Professor an der Universität Rostock
Privates: geboren am 26. Oktober 1969 in Leipzig; aufgewachsen in Dessau, dort 1988 Abitur; Hobbys: Literatur, deutsche und österreichische Belletristik; Musik: Klassik und Moderne; Reisen: weltweit

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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