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Dienstag, 7. August 2018

Segelromantik

von Heiko Wruck
KOLUMNE
Als die Segelschiffe die besten, schnellsten und effizientesten waren, wrackte man sie ab – ersetzt durch qualmende behäbige Dampfschiffe mit weniger Nutzlast. Pferdefuhrwerken erging es ähnlich. Ihr Ende kam langsam, knatternd und stinkend angerollt, untauglich für die meisten Wege. Benzin gab es nur in Apotheken.


Vergangen wie das Fräulein vom Amt und die Telefonwählscheibe. Die Technikkritiker behielten recht. Bahngleise, Staßennetze und Autonahnen zerschneiden die Landschaften. Fabrikschlote und Autos verpesten die Luft. Gewässer und Böden sind  vergiftet. Es wird vergraben, verrieselt, eingeleitet und verklappt, was das Zeug hält. Es wird betrogen, als gäb’s kein Morgen. Doch es gibt auch Hoffnung!

Im Fall des Dieselskandals sogar eine besondere. Wenn das Gesetz zur Musterfeststellungsklage noch in diesem Jahr wirksam wird, können die regionalen Autohändler, die völlig ungerechtfertigt in der Verantwortung stehen, aufatmen. Die Verbraucher wenden sich dann direkt an die Konzerne. Damit stehen nicht mehr die nach bestem Wissen und Gewissen handelnden Autohändler in der Pflicht.

Die Musterfeststellungsklage wirkt länger, breiter, tiefer und nachhaltiger als jedes Strafgeld – ohne eine ganze Industrie zu zerstören. Ob die Herren in den Teppichetagen das auf dem Zettel hatten? Die Musterfeststellungsklage ist ein stumpfes Schwert, das gerade geschmiedet wird – es wird erst im Alltag, im Kampf geschliffen.

Oder wollen wir tatsächlich zurück zur Windjammerromantik, zu Pferdefuhrwerken, zum Fräulein vom Amt und zu Telefonwählscheiben?

Kontakt:
Heiko Wruck@t-online.de
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