Anti-Windkraftprotest vor dem Schweriner Schloss
von Heiko Wruck
BERICHT
Schwerin/gc. Am vergangenen Mittwochabend, 4. September 2019, protestierten etwa 200 Menschen gegen den unkontrollierten Ausbau der Windenergie vor ihren Haustüren. Gleich zu Beginn erfolgte eine klare Abgrenzung. Man habe eine AfD-Beteiligung an dieser Demonstration nicht zugelassen, weil man sich nicht mit undemokratischen Rassisten gemein machen wolle. Diese Abgrenzung wurde von den Protestierenden mit Beifall aufgenommen. Die Protestierenden verstehen sich nicht als Windkraftgegner, sondern als Skeptiker des aktuellen Ausbaus der Windenergieanlagen.
Sie kritisieren, dass Investoren bereits Windkraftanlagen bauen, obwohl die Prüfung von Bürgereinwendungen noch nicht beendet ist. Das bedeutet in der Praxis, dass die Prüfung im Rahmen der Regionalplanungen bis zu zwei Jahre oder länger dauern kann und in dieser Zeit aber bereits gebaut wird. Damit wird jede Bürgerbeteiligung ausgehebelt.
Der Berliner Fernsehturm ist ohne Antennen 250 Meter hoch. Große Windkraftanlagen bringen es auf 230 Meter. Aber auch Windräder mit 200 Metern Höhe oder darunter sind nicht eben klein. Das alles wäre kein Problem, würden die Windenergieanlagen vereinzelt und weit entfernt in der Landschaft stehen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Sie treten massenhaft auf, sie werden immer größer, und sie rücken immer dichter an die Ortschaften heran.
Zurzeit gilt in Mecklenburg-Vorpommern eine Distanz von 1.000 Metern zur Ortslage als dichteste Bebauungsgrenze. Doch auch die ist nicht in Stein gehauen. Manche Orte sind bereits heute von bis zu drei Windenergiegebieten umschlossen. Auf denen können durchaus bis zu 70 Windräder stehen. Man stelle sich vor: der Berliner Fernsehturm würde in 70-facher Ausfertigung an der eigenen Ortsgrenze aufgestellt. Und das in drei Windeignungsgebieten um den Wohnort herum. Derart bedrängt fühlen sich viele der Protestierer am 4. September 2019 vor dem Schweriner Schloss.
Dort hielt auch die Crivitzer Bürgermeisterin Britta Brusch-Gamm eine Rede. Sie fragte, wenn MVs Ministerpräsidentin Manuela Schwesig feststellt, dass bereits 145 Prozent des Landesbedarfs an elektrischer Energie aus Windkraft erzeugt werden, warum es dann noch des ungebremsten Ausbaus der Windenergieanlagen bedarf? Und wenn wegen zu schützender Tierarten sowie wegen nicht abgenommener Überkapazitäten die Windräder stillstehen, und deren Betreiber für diesen Stillstand aus Steuermitteln entschädigt werden, welche Rechtfertigung es dafür gebe? Sie fragte auch, warum die Windenergie in einem dünn besiedelten Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern ausgerechnet in unmittelbarer Wohnortnähe konzentriert werde? In München, der bayerischen Landeshauptstadt, leben über 200 Mensckhen auf einem Quadratkilometer. Im Landkreis Ludwigslust-Parchim sind es gerade einmal 45 Menschen. Da spricht man schnell von angeblich leeren Räumen. Aber müssen deswegen die Betroffenen den Verlust ihrer Lebensqualität, mögliche Gesundheitsschäden und die Entwertung ihrer Grundstücke in Kauf nehmen, wenn der Energiebedarf bereits zu fast 50 Prozent überproduziert wird?
Die Organisatoren der Demonstration am 4. September2019 stellten klar: Wir sind keine Totalverweigerer in Sachen Windkraft. Aber wir wollen sie nicht um jeden Preis. Und wir wollen als Landbevölkerung nicht gegen die Stadtbevölkerung aufgestellt werden. Die Volksvertreter seien gefordert, Politik für das ganze Volk zu machen und nicht nur für kurzfristige Profitziele einzelner Investoren, von denen manche noch nicht einmal Steuern im Lande zahlen würden.
Heiko Böhringer, Freier Horizont: „So ist jetzt es jetzt 30 Jahre her, wo auch hier im Land die Menschen auf die Straße gegangen sind, weil Politik den Menschen im Land, mit aller Macht ihre Ideale überstülpen wollte. Ideale, die nicht unbedingt zu negieren sind, aber die durch ihre Umsetzung dazu geführt haben, dass die Menschen hier im Land nicht mehr frei entscheiden konnten. Eine ähnliche Situation haben wir heute."
Bildunterschrift 1:
Protest für mehr Bürgerbeteiligung in Sachen Windenergieausbau in Mecklenburg-Vorpommern. Foto:Heiko Wruck
Bildunterschrift 2:
Heiko Böhringer, Freier Horizont (1. v. li.) und Britta Brusch-Gamm, Crivitzer Bürgermeisterin (2. v. li.) als Sprecher auf der Protestkundgebung am 4. September vor dem Schweriner Schloss. Foto: Heiko Wruck
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