Wie Wittenburg die Coronakrise meistert
von Heiko Wruck
GESPRÄCH
Wittenburg/gc. Von lähmendem Corona-Mehltau kann Wittenburgs Bürgermeisterin nichts berichten. Im Gegenteil, die Arbeit hat sich für die Verwaltungsmitarbeiter in der Krise eher verdichtet. Wie erklärt sie im Gespräch.
Passiert im jetzigen Ausnahmezustand noch politische Arbeit?
Ja, natürlich finden auch jetzt politische Willensbildung und Entscheidungen statt, nur unter er- schwerten Bedingungen. Am 25. März 2020 fand z. B. eine Haushaltssitzung statt, einige Tage vorher tagte der Hauptausschuss. Die letzte Stadtvertretersitzung fand am 7. April 2020 in der Mehrzweckhalle statt, eine Bauausschusssitzung unmittelbar davor. Die Stadtvertreter konnten 4,5 bis 5 Meter Abstand halten. Es ging um wichtige Entscheidungen zum Anbau an der Grundschule. Vorsorglich haben wir beim Städte- und Gemeindetag das Umlaufbeschlussverfahren angezeigt, um auch darüber politisch handlungsfähig zu bleiben. Die Grundsatzentscheidung hierfür musste die Stadtvertretung auch im Umlaufverfahren treffen. Die Einladung erfolgt dann genau wie zu einer „normalen“ Stadtvertretersitzung unter Angabe der einzelnen Tagesordnungspunkte. Jeder Stadtvertreter kreuzt dann zu jedem Tagesordnungspunkt zunächst an, ob er diesem im Umlaufbeschluss entschieden haben möchte. Er wählt nur zwischen Ja und Nein aus. In einem zweiten Schritt muss er dann zum Tagesordnungspunkt inhaltlich mit Ja, Nein oder Enthaltung durch ankreuzen votieren. Beide Entscheidungen müssen schriftlich der Verwaltung zu einem vorgegebenen Stichtag vorliegen. Bis jetzt haben wir noch keinen Beschluss im Umlaufverfahren gefasst.
Sind die Verwaltungsmitarbeiter in Kurzarbeit?
Nein, das sind sie nicht. Der Arbeitsaufwand ist eher mehr statt weniger geworden. Zu den üblichen Arbeiten kommen die krisenbedingten zusätzlichen Aufgaben hinzu. Eine Vielzahl der Entscheidungen von Bund, Land und Landkreis müssen die Kommunen, vor allem die Ordnungsämter, vor Ort umsetzen und kontrollieren. Das betrifft z.B. Kontaktverbote, Sport- und Spielplatzsperren, Geschäftsschließungen, Bürger- und Unternehmensinformationen usw. Die Verwaltung ist nicht nur für die Stadt Wittenburg, sondern für das gesamte Amtsgebiet zuständig. Allein dafür hatten wir im Amtsgebiet zeitweise bis zu 13 Mitarbeiter im Einsatz – für eine Tätigkeit im Ordnungsamt, die sonst ein Mitarbeiter erledigt.
Welche Arbeiten laufen trotz Coronakrise weiter?
... praktisch alle, es sind keine Fristen verlängert oder Verfahren eingestellt worden. Die Verwaltung ist nur formal geschlossen. Die Bürger sollen möglichst alles per Telefon oder E-Mail klären oder wenn sie persönlich kommen müssen, sich vorher telefonisch einen Termin holen. Eine Schlussfolgerung aus der Coronakrise wird sein, dass wir das digitale Angebot ausbauen werden. Das bringt auch in normalen Zeiten Erleichterungen für Bürger und Verwaltung.
Arbeiten die Verwaltungsmitarbeiter im Homeoffice?
Teilweise ja, um die Ansteckungsgefahr untereinander möglichst gering zu halten. Wir haben viele junge Mitarbeiter mit Kindern, die im Homeoffice sind. Aber nicht jeder, der wollte, konnte das z. B. aus Datenschutzgründen in Anspruch nehmen. Wir haben A- und B- Teams eingerichtet, die sich möglichst nicht begegnen. Ist ein Austausch von Unterlagen notwendig, dann zeitversetzt, ohne physische Begegnung.
Wie unterstützt die Stadt Bürger und Unternehmen?
Kommunen dürfen nicht pauschal entscheiden, dass Unternehmen Gewerbesteuern gestundet oder erlassen werden. Jeder gestellte Antrag muss in einer Einzelfallbetrachtung gewissenhaft geprüft werden, unter anderem auch, ob Corona die tatsächliche Ursache für die finanzielle Situation ist. Letztlich muss dann die Stadtvertretung entscheiden. Im Umgang mit diesen Anträgen werden auch die Verwaltungen kontrolliert. Als Stadt haben wir zusätzlich Informationsflyer mit Kontaktdaten über Hilfen des Bundes und des Landes erstellt und über unser Amtsblatt und unsere Homepage veröffentlicht. Wir unterstützen auch beim Herstellen von Mund- und Nasenmasken, indem wir die Kosten für das Material übernehmen. Für Bedürftige hat die Tafel in der Stadt auch weiterhin geöffnet.
Bildunterschrift:
Dr. Margret Seemann: Die Stadt hat zum Nähen von Mundmasken aufgerufen und übernimmt die Kosten für das Material. Kontakt: Sybill Moß, ehemalige Bürgervorsteherin. Foto: Heiko Wruck
Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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