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Mittwoch, 29. Juli 2020

Gnadenlos gegen Kritiker im eigenen Land

Begnadigung von Huang Qi gefordert
Redaktion: Reporter ohne Grenzen
PRESSEMITTEILUNG
Berlin/gc. Ein Jahr nach der Verurteilung des Journalisten Huang Qi fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) in einem gemeinsam Brief mit zehn weiteren Menschenrechtsorganisationen den chinesischen Präsidenten Xi Jinping auf, Huang zu begnadigen. Der 57-Jährige wurde trotz schwerer Erkrankung Ende Juli 2019 zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er könnte im Gefängnis sterben, wenn er nicht sofort freigelassen wird.


Huang ist einer von mindestens zehn inhaftierten Medienschaffenden in China, die aufgrund ihres Gesundheitszustands und den schlechten Haftbedingungen in Lebensgefahr schweben.

„Die lange Haftstrafe gegen Huang Qi kommt einem Todesurteil gleich. Wir appellieren eindringlich an Xi Jinping, Huang zu begnadigen, damit der Journalist freikommt, bevor es zu spät ist“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir hören nicht auf, die Freilassung aller in China wegen ihrer Arbeit inhaftierten Medienschaffenden zu fordern. Das chinesische Regime geht nicht nur gnadenlos gegen Kritikerinnen und Kritiker im eigenen Land vor, sondern propagiert sein repressives Modell als ‚neue Weltordnung der Medien‘ auch interational.“ 

Nach einem Prozess hinter verschlossenen Türen verurteilte ein Gericht in der Provinz Sichuan im Südwesten Chinas Huang Qi am 29. Juli 2019 wegen angeblicher Weitergabe von Staatsgeheimnissen zu zwölf Jahren Haft. Der wahre Grund für seine Verurteilung ist jedoch seine Arbeit: Huang ist Gründer der Nachrichtenwebseite 64Tianwang. Mit einem Netz von Bürgerjournalistinnen und -journalisten berichtete sie über Menschenrechtsverletzungen im Land. Für ihre Verteidigung der Pressefreiheit würdigte RSF die Seite 2016 als Medium des Jahres

Huang war im November 2016 festgenommen worden und saß bis zum Urteil im vergangenen Jahr in Untersuchungshaft. Laut seinen Anwälten wurde er geschlagen und bekam keinen Zugang zu medizinischer Behandlung. Wegen seiner journalistischen Arbeit saß Huang insgesamt bereits acht Jahre im Gefängnis. In dieser Zeit bekam er Herzprobleme sowie eine Nieren- und Lebererkrankung. Ende Dezember 2018 forderten vier UN-Menschenrechtsexperten vor dem Hintergrund seines schlechten Gesundheitszustands und unzureichender ärztlicher Versorgung in Haft seine Freilassung.

Huangs todkranke Mutter darf ihren Sohn nicht sehen
Huangs 87-jährige Mutter Pu Wenqing setzt sich öffentlich für seine Freilassung ein und hat darum gebeten, ihren Sohn ein letzes Mal zu sehen. Sie leidet an Lungenkrebs und ihr Gesundheitszustand hat sich rapide verschlechtert. Ende April 2020 sagte sie Radio Free Asia (RFA), dass sie nicht mehr lange leben und vermutlich sterben werde, ohne ihren Sohn nocheinmal gesehen zu haben. Die Behörden haben ihr laut RFA sogar ein Telefonat mit Huang verweigert.

Wird Huang nicht bald freigelassen, droht ihm das selbe Schicksal wie dem Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo und dem Blogger Yang Tongyan. Bei beiden wurde 2017 während langjähriger Haftstrafen Krebs im Endstadium diagnostiziert. Im Gefängnis wurden sie nicht ausreichend medizinisch versorgt und starben, kurz nachdem sie ins Krankenhaus verlegt wurden.

Mindestens zehn inhaftierte Journalisten könnten sterben
Reporter ohne Grenzen hat Mitte Juli 2020 eine Liste mit zehn Fällen inhaftierter Medienschaffender sowie Verteidiger der Pressefreiheit veröffentlicht, die im Gefängnis sterben könnten, wenn sie nicht sofort freigelassen werden. Unter ihnen sind die uigurischen Medienschaffenden Ilham Tohti und Gulmira Imin. Tohti ist Gründer der Webseite Uyghur Online und wurde 2014 wegen „Separatismus“ von einem Gericht in der Provinz Xinjiang zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen des gleichen Vorwurfs sitzt Imin im Gefängnis. Die ehemalige Mitarbeiterin der Nachrichtenseite Salkin wurde 2010 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 177 von 180 Staaten. In keinem Land sitzen mehr Medienschaffende wegen ihrer journalistischen Arbeit im Gefängnis, derzeit sind es mindestens 114. Mehr zur Lage der Journalistinnen und Journalisten vor Ort finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/china.

Aussender:
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Deutsche Sektion von Reporters sans frontières
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