Suchen

Donnerstag, 22. April 2021

Erste Hilfe am Arbeitsplatz

Betriebssanitäter und Ersthelfer im Unternehmen
Redaktion: Arbeitssicherheit-sofort, Heiko Wruck
RATGEBER
Zu den schlimmsten Szenarien, die Arbeitgebern passieren können, gehört, im Notfall keinen Ersthelfer im Unternehmen zu haben. Das bedeutet, im Zweifel stirbt ein Kollege, der Erste Hilfe braucht. Oder ein verunglückter beziehungsweise erkrankter Kollege erleidet schwerste Folgeschäden, weil kein Sachkundiger vor Ort war.

Doch auch wenn die Katastrophe ausbleibt, kann das Fehlen von Ersthelfern im Unternehmen empfindlich hohe Bußgelder zur Folge haben. Selbst eine Betriebsschließung durch die Berufsgenossenschaft ist möglich. Wenn also gerade in diesem Augenblick ein Handlungsbedarf erkannt wird, ist jeder Verantwortungsträger gut beraten, sofort alle notwendigen Schritte einzuleiten, um dieses Problem zu lösen. Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, eine ausreichende Anzahl ihrer Beschäftigten zu Ersthelfern ausbilden zu lassen. Außerdem haben die Unternehmer beziehungsweise die mit der Gewährleistung der Arbeitssicherheit beauftragten Verantwortungsträger die Pflicht dafür zu sorgen, dass ständig eine ausreichende Anzahl von Ersthelfern im Unternehmen zu den Arbeitszeiten anwesend ist. Arbeitssicherheit-sofort.de hilft Unternehmern binnen weniger Stunden.

Das müssen Arbeitgeber zum Thema Ersthelfer wissen:
  1. Aufgaben des Ersthelfers
  2. Ersthelfer und Betriebssanitäter
  3. Ersthelfer, wer eignet sich
  4. Wer bezahlt die Ersthelferausbildung im Betrieb
  5. Ersthelferkurs im Betrieb
  6. § 26, Vorschrift 1 DGVU
  7. Wie viele betriebliche Ersthelfer sind notwendig
  8. Was macht ein betrieblicher Ersthelfer nicht
  9. Wer bestimmt, wer betrieblicher Ersthelfer wird
10.  Darf man die Ersthelferausbildung verweigern

Aufgaben des Ersthelfers

Die Funktionen von Ersthelfern lassen sich in fünf Punkten zusammenfassen:
1. Absichern des Ereignisortes (z. B. Unfallstelle)
2. Absetzen des Notrufs
3. Erstversorgung des Verunglückten
4. Dokumentation des Einsatzes
5. Überprüfung der Ausrüstung/Ausstattung für Erste Hilfe

Bei der Absicherung des Ereignisortes muss der Ersthelfer gewährleisten, dass er sich nicht selbst gefährdet. Ein verunglückter Ersthelfer leistet keine Hilfe, sondern verschärft das Problem. Der Ereignisort ist so abzusichern, dass andere Personen auf die Gefährdung aufmerksam werden und sich in Sicherheit bringen können. Danach wird die verunglückte Person aus dem Gefahrenbereich geholt. Nun wird der Notruf abgesetzt und die Erstversorgung des Verunglückten eingeleitet. Anschließend dokumentiert der Ersthelfer den Einsatz im Verbandbuch. Außerhalb von Einsätzen hat der Ersthelfer die Aufgabe, Ausrüstung und Ausstattung regelmäßig zu kontrollieren. Auch das ist sachkundig zu dokumentieren. Zu überprüfen sind zum Beispiel Verbandskästen (Anzahl, Vollständigkeit, Intaktheit und Ablaufdatum). Aber auch die Zugänglichkeit von Erste-Hilfe-Räumen oder die Funktionstüchtigkeit von Defibrillatoren und Tragen.

Ersthelfer und Betriebssanitäter

Betriebssanitäter sind Spezialisten, im Gegensatz zu Ersthelfern, die ausgebildete Laien sein können. Trotz Gemeinsamkeiten unterscheiden sich ihre Ausbildungswege und Tätigkeiten deutlich. Betrieblicher Ersthelfer kann man nur mit einem bestandenen Erste-Hilfe-Kurs werden. So dürfen zum Beispiel auch Führerscheinneulinge als betriebliche Ersthelfer eingesetzt werden, weil sie im Rahmen ihres Fahrerlaubniserwerbs einen Erste-Hilfe-Kurs bestanden haben. Betriebliche Ersthelfer müssen alle zwei Jahre eine Fortbildung absolvieren. Betriebssanitäter sind gegenüber Ersthelfern höher qualifiziert. Ihre Aufgaben und ihre Ausbildung sind viel umfangreicher. Während die Ausbildung eines Ersthelfers Unterrichtseinheiten umfasst, ist der Betriebssanitäter mit einem 63-stündigen Grundlehrgang sowie mit einem anschließenden 32-stündigen Aufbaulehrgang dabei. Betriebssanitäter sind in großen Unternehmen (ab 1.500 Mitarbeitern), auf großen Baustellen (ab 100 Leute) sowie in Unternehmen mit besonderem Gefährdungspotenzial (ab 250 Beschäftigten) tätig. Betriebssanitäter leiten eigenverantwortlich Erste-Hilfe-Stationen in Unternehmen und auf Baustellen. Die für den jeweiligen Betrieb erforderliche Anzahl an Ersthelfern muss jederzeit eingehalten werden – auch bei Urlaub und Krankheitsfällen.

Ersthelfer, wer eignet sich

Grundsätzlich gilt, dass jeder anwesende Mitarbeiter in einem Unternehmer ein Ersthelfer sein kann. Die Voraussetzung dafür ist lediglich ein absolvierter Erste-Hilfe-Kurs, wie ihn zum Beispiel jeder Fahrerlaubnisinhaber bewerkstelligt hat. Allerdings genügt es auch, wenn der Mitarbeiter einmal zum Sanitäter ausgebildet wurde. Auch wer einmal einen Beruf im Gesundheitswesen erlernt hatte oder zum Beispiel eine Erste-Hilfe-Ausbildung im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit (Technisches Hilfswerk, THW, Deutsches Rotes Kreuz, DRK, Arbeiter-Samariter-Bund, ASB, Johanniter, Freiwillige Feuer, DLRG-Wasserwacht) beendet hat, kann als Ersthelfer eingesetzt werden. Arbeitgeber dürfen (und müssen) aber darüber hinaus eine bestimmte Anzahl an betrieblichen Ersthelfern bestimmen und diese ausbilden lassen. Die Erste-Hilfe-Ausbildung darf jedoch nur von einer ermächtigten Stelle durchgeführt werden. Bei der Bestimmung von betrieblichen Ersthelfern ist es angeraten, dass sich die Arbeitgeber mit der zuständigen Berufsgenossenschaft abstimmen, um rechtlich nicht angreifbar zu sein. Das Aushängen von betrieblichen Ersthelfer-Listen ist ebenfalls angeraten.

Wer bezahlt die Ersthelferausbildung im Betrieb

Jedem kann es jederzeit und an jedem Ort passieren, dass er plötzlich Erste Hilfe leisten muss. Da ist eine Ausbildung durchaus von Vorteil. Wer sich privat ausbilden lassen möchte, kann sich zum Beispiel an das Deutsche Rote Kreuz oder an eine andere dafür zugelassene Hilfsorganisation wenden. Allerdings muss er dies dann selbst bezahlen, weil es ja ein privates Anliegen ist. Bei der Ausbildung und bei der Fortbildung von betrieblichen Ersthelfern ist das anders. Dort bezahlen die Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Lehrgänge für die betrieblichen Ersthelfer-Kurse. Allerdings bezahlen sie nur die Teilnehmer der bei ihnen versicherten Mitarbeiter. Arbeitgeber und Kursteilnehmer müssen also am Kursende keine Rechnung für die Bezahlung dieser Leistungen befürchten. Arbeitgeber können ihre Mitarbeiter bei einer ermächtigten Ausbildungsstelle für die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs anmelden. Eine Unterrichtseinheit dauert 45 Minuten. Neun Unterrichtseinheiten dauert die Ersthelferausbildung. Alle zwei Jahre braucht ein Betriebliche Ersthelfer einen Auffrischungskurs.

Ersthelferkurs im Betrieb

Ersthelfer darf nicht jeder ausbilden. Für die Ausbildung und die Fortbildung von Ersthelfern bedarf es nicht allein nur sachkundiger, sondern seit dem Jahr 2006 auch ermächtigter Stellen. Die Handlungsgrundlage dafür findet sich im  § 2 6 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“. Bindend für die ermächtigten Stellen sind die Anforderungskriterien der Vorschrift DGUV Grundsatz 304-001 „Ermächtigung von Stellen für die Aus- und Fortbildung in der Ersten Hilfe“. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) führt das Ermächtigungsverfahren durch und bewertet den laufenden Lehrbetrieb. Damit ist die VBG als Qualitätssicherungsstelle Erste Hilfe der gesetzlichen Unfallversicherungsträger tätig. Ersthelferkurse werden zum Beispiel von Wohlfahrtsverbänden und Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) oder vom Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V. (ASB) angeboten. Sie werden Qualitätskontrollen unterzogen. Die Erste-Hilfe-Grundausbildung sowie die Schulung für betriebliche Ersthelfer ist für neun Unterrichtseinheiten konzipiert. Ein Ersthelfer-Auffrischungskurs dauert ebenfalls neun Unterrichtseinheiten. Wiederbelebung, Wundversorgung sowie der Einsatz des Automatisierten Externen Defibrillators (AED) gehören zur Ersthelferausbildung.

§ 26, Vorschrift 1 DGVU

Als wichtigste Vorschrift der Berufsgenossenschaften gilt die DGUV-Vorschrift 1 – „Grundsätze der Prävention“. Berufsgenossenschaften sind als beliehene Behörden für die Umsetzung des Arbeitssicherheitsgesetzes und des Arbeitsschutzgesetzes verantwortlich. Der § 26 regelt Anzahl und Ausbildung der Ersthelfer. Er ist in fünf Abschnitte gegliedert. Abschnitt 1 nennt die Anzahl der betrieblichen Ersthelfer, die jeder Arbeitgeber zu gewährleisten hat. Hier sind abweichende Ausnahmen und der Umgang mit Ersthelfern aus fremden Unternehmen formuliert. Der Abschnitt 2 schreibt vor, welche Personen der Arbeitgeber als Ersthelfer einsetzen darf. Dort wird auch der Rahmen beschrieben, der für einen Erste-Hilfe-Lehrgang gilt. Es wird dargestellt, auf welche Bereiche sich die Ersthelferausbildung nicht erstreckt. Zusätzlich wird erklärt, was unter einer ermächtigten Ausbildungsstelle zu verstehen ist und welchen Status Personen haben, bei denen Erste Hilfe zum Hauptberuf gehört. Abschnitt 3 regelt die Fortbildung. Abschnitt 4 liefert Vorgaben aufgrund des Umganges mit Gefahrstoffen und Strahlung. Abschnitt 5 beschreibt Ausnahmen für Unternehmen, für die nicht die Abschnitte 1 bis 4 gelten.

Wie viele betriebliche Ersthelfer sind notwendig

Arbeitgeber in Deutschland sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass immer eine bestimmte Anzahl an Ersthelfern im Unternehmen zur Verfügung steht. In Betrieben ab 2 bis zu 20 anwesenden Mitarbeitern muss mindestens ein Ersthelfer präsent sein. Sind über 20 Mitarbeiter im Unternehmen anwesend, erhöht sich die Anzahl der Ersthelfer, die anwesend sein müssen. In Handels- und Verwaltungsbetrieben müssen 5 Prozent der anwesenden Mitarbeiter als Ersthelfer anwesend sein. In allen anderen Betrieben mit über 20 anwesenden Beschäftigten müssen 10 Prozent der Mitarbeiter als Ersthelfer eingesetzt werden. Ein Ersthelfer muss pro Kindergruppe in einer Kindertageseinrichtung anwesend sein. In Hochschulen sind es ebenfalls 10 Prozent der anwesenden Versicherten, die als Ersthelfer zum Einsatz gebracht werden können. So ist es im § 2 Absatz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) festgelegt. In Unternehmen mit über 20 anwesenden Mitarbeitern kann von der Anzahl der bereitzustellen Ersthelfer abgewichen werden, wenn der gesetzliche Unfallversicherungsträger damit einverstanden ist und es die Gefährdung sowie die Organisation des betrieblichen Rettungswesens dies zulassen.

Was macht ein betrieblicher Ersthelfer nicht

Betriebliche Ersthelfer sichern den Ereignisort, holen Verunglückte aus der Gefahrenzone, übernehmen bei leichteren Verletzungen die Erstversorgung und leiten lebensrettende Notfallmaßnahmen ein, bis die Rettungskräfte eintreffen. Ersthelfer dürfen jedoch nicht sich selbst oder andere Personen in Gefahr bringen. Ein Ersthelfer, der sich durch Eigengefährdung selbst verletzt, kann nicht mehr helfen. Es ist ebenso nicht erlaubt, die Erste Hilfe zu verweigern. Erste Hilfe ist keine Frage der Ehre, sondern Gesetzespflicht. Selbst wer nie in seinem Leben auch nur einen einzigen Erste-Hilfe-Kurs absolviert hat, muss Erste Hilfe leisten. Dabei ist die Rechtssicherheit für Ersthelfer trotzdem immer gewährleistet. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass Ersthelfer in aller Regel Laien ohne Ausbildung sind. Selbst wenn sie eine sehr alte Ausbildung haben, sind sie auf der sicheren Seite. Das gilt auch, wenn Ersthelfer Fehler machen. Wer sich keine Erste Hilfe leistet, macht sich strafbar. Die Strafbewehrung reicht von einer Geldstrafe bis zum Freiheitsentzug.

Wer bestimmt, wer betrieblicher Ersthelfer wird

Natürlich kann sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter freiwillig bei seinem Arbeitgeber melden, um sich zum betrieblichen Ersthelfer ausbilden zu lassen. Wer bereits über eine anerkannte Ersthelferausbildung verfügt, zum Beispiel weil er gerade seine Fahrerlaubnis gemacht hat oder bereits ehrenamtlich eine Ersthelferausbildung absolviert hat, der kann sich ebenfalls freiwillig als betrieblicher Ersthelfer zur Verfügung stellen. Doch was passiert, wenn sich niemand freiwillig meldet? Auch in diesem Fall muss ein Unternehmer seiner gesetzlichen Verpflichtung entsprechen und dafür sorgen, dass zu jeder Zeit immer die gesetzlich geforderte Mindestanzahl an betrieblichen Ersthelfern im Unternehmen zur Verfügung steht. Das bedeutet, der Arbeitgeber kann jeden seiner Mitarbeiter verpflichten, sich zum Ersthelfer ausbilden zu lassen und sich dann als solcher zur Verfügung zu stellen. Die Mitarbeiter dürfen sich diesem Verlangen nicht verweigern. Es sei denn, sie haben persönliche Gründe wie zum Beispiel eine Behinderung, die eine Ausübung der Ersthelfertätigkeit unmöglich macht. Das ist im Einzelfall zu prüfen.

Darf man die Ersthelferausbildung verweigern

Ein Mitarbeiter eines Unternehmens oder einer Behörde darf sich nicht weigern, sich zu einem betrieblichen Ersthelfer ausbilden zu lassen. Die rechtliche Grundlage dafür ist die Vorschrift 1 der DGVU (DGUV = Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung). Nach dieser Vorschrift ist ausdrücklich jeder Mitarbeiter verpflichtet, sich zum Ersthelfer ausbilden zu lassen, wenn dies der Arbeitgeber anweist. Das gilt auch für die Fortbildung von betrieblichen Ersthelfern. Dass es hier kein Verweigerungsrecht für die Mitarbeiter gibt, resultiert aus den sogenannten Unterstützungspflichten. Danach haben die Mitarbeiter, die ja gesetzlich unfallversichert sind, die Maßnahmen zur Vermeidung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen, von Arbeitsunfällen sowie von Berufskrankheiten eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen. Deswegen haben die gesetzlich unfallversicherten Mitarbeiter in diesem Sinne den entsprechenden Anweisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten. Die Mitarbeiter haben alles Notwendige dazu beizutragen, um die betrieblichen Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz erfolgreich zu gestalten. Dazu gehört auch die Erste-Hilfe-Ausbildung, an der die Mitarbeiter teilzunehmen haben.

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
_______________________________________________