Vergleich: Digitalisierung des Gesundheitswesens
Redaktion: Universität Siegen
PRESSEMITTEILUNG
Siegen/gc. Gesundheitssoziologe Prof. Claus Wendt von der Universität Siegen untersucht, wie Akteure und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und des Gesundheitsschutzes zusammenarbeiten. Dabei vergleicht er Deutschland mit Norwegen, Dänemark, Schweden, Island und Großbritannien, um aufzuzeigen, wie die Länder voneinander lernen können.
Wie fortgeschritten ist Deutschland bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens im Vergleich zu den skandinavischen Ländern, Island und Großbritannien? Welche organisatorischen Einheiten arbeiten in diesen Ländern wie effektiv zusammen? Und wo kann man ansetzen, um die Versorgung der Patienten weiter zu verbessern? Solche Fragen untersucht Gesundheitssoziologe Prof. Dr. Claus Wendt von der Universität Siegen mit seinem Team vergleichend innerhalb Nordeuropas. Das Forschungsprojekt „Strukturelle Bedingungen der Gesundheitsversorgung und von Public Health-Maßnahmen auf lokaler Ebene“ wird mit über 350.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Der internationale Vergleich umfasst Deutschland, Großbritannien, Schweden, Norwegen, Dänemark und Island. Das Projekt läuft von 2022 bis 2025.
Der Siegener Gesundheitssoziologe führt Experteninterviews mit Personen aus dem Versorgungsbereich durch, darunter mit Krankenhausdirektoren, Menschen aus der Pflege und aus dem Patienten-Entlassmanagement in Kliniken. Um möglichst authentische und vielfältige Einblicke zu bekommen, reist Wendt in die Länder, die er untersucht, um vor Ort Abläufe, Kommunikation, Vorteile und Grenzen zu erleben.
Herausfinden möchten er und sein Forschungsteam zum Beispiel, was mit Patientinnen und Patienten geschieht, die nach einem stationären Aufenthalt aus dem Krankenhaus entlassen werden. Wendt berichtet, wie die Lage in Deutschland für gewöhnlich aussieht: „Wer als Patient einen Nachsorgetermine bei einem Facharzt vereinbaren soll, muss sich in Deutschland oft die Finger wund wählen.“ Termine seien oft erst nach über einem Jahr zu bekommen, teilweise nicht wohnortsnah. In Dänemark sehe das anders aus: Nach einem stationären Aufenthalt werde für die Patienten digital nach freien Plätzen für die Weiterbehandlung gesucht. Überhaupt seien alle Informationen in einer digitalen Patientenakte notiert. Die Fäden liefen beim Hausarzt zusammen.
Wendt untersucht, wie die verschiedenen organisatorische Einheiten – zum Beispiel Hausärzte, Fachärzte, Krankenhäuser, stationäre Pflege – aufgebaut sind und wie sie zusammenwirken. In deutschen Großstädten gebe es im Normalfall zahlreiche Krankenhäuser, teilweise ergänzt durch ein Uniklinikum. Darüber hinaus seien Fachärzte, Hausärzte und stationäre Pflegeeinrichtungen für ältere Menschen überall in der Stadt verteilt.
Im norwegischen Trondheim zum Beispiel hat Wendt das zentrale Uniklinikum besucht und Interviews geführt, um die Strukturen nachzuvollziehen, die ganz anders sind als in Deutschland. Das Klinikum ist das zentrale Krankenhaus in Trondheim – eine Stadt mit etwa 200.000 Einwohnern – das nur durch wenige weitere stationäre Einrichtungen ergänzt wird. Im Uniklinikum würden sowohl stationäre als auch fachärztliche ambulante Behandlungen angeboten. Darüber hinaus gebe es Gesundheitszentren für einzelne Stadtteile, in denen 30 bis 60 Personen aus verschiedenen Gesundheitsbereichen zentral die Versorgung übernehmen. Dort seien zum Beispiel Ärzte, studierte Krankenschwestern und sogenannte Nurse Practitioners vertreten. Das sind Krankenschwestern mit mehr medizinischem Handlungsspielraum. Außerdem werde stationäre Pflege für ältere Menschen angeboten. „Brücken verknüpfen die einzelnen Gebäudeteile“, beschreibt Wendt die Architektur. „Das heißt, die Abteilungen und Fachbereiche sind auch in der Bauweise verbunden. Es findet eine Kommunikation der kurzen Wege statt.“
Aus solchen Vergleichen soll eine Homepage entstehen, unter anderem mit Fotos und Videos, die einen vergleichenden Überblick, Best Practice Beispiele und Handlungsempfehlungen bietet. Zielgruppe sind zum Beispiel politische Entscheider im Gesundheitssegment und Krankenhausdirektionen, also solche Personen, die auch organisatorisch die Macht haben, Strukturen und Prozesse zu ändern.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Claus Wendt
Soziologie der Gesundheit und des Gesundheitssystems
Universität Siegen
wendt@soziologie.uni-siegen.de
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