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Sonntag, 8. Oktober 2023

Außerhalb des Gewohnten

Kreativitätsforschung in zwölf Sprachen
Redaktion: Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik
PRESSEMITTEILUNG
Frankfurt am Main/gc. „Wofür könnte man einen Ziegelstein verwenden, wenn nicht zum Bau eines Hauses?“

So oder ähnlich lauten Aufgaben in der Kreativitätsforschung häufig. Studienteilnehmer sollen sich dabei ungewöhnliche Verwendungszwecke für verschiedene Objekte ausdenken. Es folgt ein umfangreiches Kodierungsverfahren, das subjektiv und sehr zeitintensiv ist. Schon lange bemühen sich Forscher:innen daher um schnellere und objektivere Bewertungsmöglichkeiten für Kreativitätsaufgaben.

Eine neue Entwicklung der letzten Jahre sind automatisierte und computergestützte Bewertungsmethoden, bei denen ein Algorithmus den semantischen Abstand zwischen den Antworten der Teilnehmer auf die Kreativitätsaufgaben berechnet. Diese Methodik wurde bisher jedoch hauptsächlich bei englischsprachigen Studien eingesetzt. Unter der fachlichen Leitung von John D. Patterson und Roger Beaty von der Pennsylvania State University, USA, hat ein großes, internationales Forschungsteam die Methode nun auch für den Gebrauch in anderen Sprachen überprüft. An der Studie war unter anderem auch das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main beteiligt.

In einer Multi-Labor-Studie mit mehr als 6.500 Teilnehmern sammelten die insgesamt 28 Forschern Daten in zwölf verschiedenen Sprachen: Arabisch, Chinesisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Hebräisch, Italienisch, Niederländisch, Persisch (Farsi), Polnisch, Russisch und Spanisch. Mithilfe zweier auf der KI-Methode „Deep Learning“ basierender Modelle berechneten sie die semantische Distanz in den verschiedenen Sprachen. Anschließend verglichen die Forscher die automatische Metrik mit menschlichen Bewertungen.

„Unser Team fand heraus, dass das leistungsstärkste Modell für jede Sprache mit den menschlichen Bewertungen vereinbar war. Damit hat sich die Gültigkeit dieser Methode für alle zwölf Sprachen bestätigt“, berichtet Julia F. Christensen vom MPIEA.

Die Autoren bieten freien Zugang zu dem mehrsprachigen Datensatz für zukünftige Entwicklungen von Algorithmen, zusammen mit dem Python-Code zur Berechnung der semantischen Distanz in allen genannten Sprachen. Die Ergebnisse der kompletten Studie sind als Open-Access-Artikel im Fachmagazin Psychology of Aesthetics, Creativity and the Arts erschienen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik
Julia F. Christensen
julia.christensen@ae.mpg.de

Originalpublikation:
Patterson, J. D., Merseal, H. M., Johnson, D. R., Agnoli, S., Baas, M., Baker, B. S., Barbot, B., Benedek, M., Borhani, K., Chen, Q., Christensen, J. F., ... Beaty, R. E. (2023). Multilingual semantic distance: Automatic verbal creativity assessment in many languages. Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts, 17(4), 495–507. https://doi.org/10.1037/aca0000618
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