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Samstag, 18. November 2017

Die Chaos-Theorie

von Heiko Wruck
KOLUMNE
„Wenn Wahlen etwas ändern würden, dann wären sie verboten.“ Das Zitat wird Kurt Tucholsky zugeschrieben. Belegt ist dessen Urheberschaft jedoch nicht.


Auch Rosa Luxemburg wird dessen wahre Urheberschaft zugeschlagen. Die Belege fehlen. Selbiges gilt für die Zuschreibung an Emma Goldman und erst recht für die angebliche Urheberschaft Mark Twains. Es heißt auch, der Slogan sei 1976 erstmals öffentlich veröffentlicht und angeblich 1988 als „old slogan“ gekennzeichnet worden. Absouter Unsinn ist die Parole so oder so, ganz unabhängig von ihrer Urheberschaft.

Das Wahlen wirklich etwas bewegen können, hat die Vergangenheit mehr als einmal gezeigt. Und zwar mit gravierenden Folgen. Adolf Hitler und die NSDAP wurden demokratisch gewählt. Konrad Adenauers erste Koalition von 1949 hatte eine knappe Mehrheit von nur drei Stimmen. 1953 fehlte der CDU/CSU nur ein einziges Mandat zur absoluten Mehrheit. 1969 stimmte eine knappe Mehrheit von nur sechs Abgeordneten für eine Koalition von SPD und FDP. Und 2005, beim Wechsel von Gerhard Schröder zu Angela Merkel, gab es mit 226 Sitzen gerade einmal vier Mandate mehr für die CDU/CSU. Die SPD kam auf schlappe 222 Abgeordnete.

Was sagte noch die Chaos-Theorie? „Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann einen Orkan auslösen.“ Wahlen bewegen was.

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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