... sagt Dr. Jan Wilde und frühstückt täglich in Familie
von Heiko Wruck
GESPRÄCH
Plau am See/gc. Wie startet der Landarzt in den Tag?
Ich starte mit der Familie in den Tag. Um 6 Uhr klingelt werktags der Wecker. 6.30 Uhr sitzen wir am Frühstückstisch. Mir genügen Müsli und Tee. Um 7 Uhr bringe ich die Kinder zur Kita beziehungsweise zur Schule – mit dem Fahrrad.
Ärzte verdienen in Großstädten leichter Geld. Warum Plau?
Plau ist Heimat. Die Stadt ist überschaubar, die Landschaft ist sehr schön. Die Menschen sind dankbarer. Die Arbeit wird mehr geschätzt. Man lebt nicht so anonym wie in der Großstadt. Man kennt sich halt.
Gehen die Leute heute eher zu oft zum Arzt?
Eigentlich nicht, auch wenn mal jemand wegen einer eher banalen Infektion zum Arzt geht. Das Wissen um die bewährten Hausmittel nimmt ab. Die Alten kennen noch Hausmittel, um gegen leichtes Unwohlsein, erhöhte Temperatur oder einen Schnupfen anzukämpfen. Sie wissen, warum sie was nehmen und welche Bedingungen noch erfüllt werden müssen, um eine kleine Erkrankung zu kurieren. Die jungen Leute googlen mal schnell, ohne konkrete Aussagen zu geben und zu erhalten. Daraus folgt oft eine große Verunsicherung, die dem eigentlichen Anlass gar nicht mehr gerecht wird.
Kann die Telemedizin eine gute gute Alternative sein?
Die Telemedizin begrüße ich ganz ausdrücklich. Sie kann und soll nicht die Ärzte oder den Arzt-Patientenkontakt ersetzen. Aber sie kann ärztliche Arbeit sehr viel effizienter, einfacher und auch sehr viel schneller machen. Zum Beispiel fotografisch im Bereich medizinischer Nachsorge, wenn der Heilungsfortschritt einer Wunde beurteilt werden muss. Oder wenn man sich mit einem Kollegen austauschen will, um eine zweite Meinung einzuholen. Dann macht man schnell ein Foto, schickt es rüber und unterhält sich über das, was man sieht. Dieses Verfahren kann viele Wege und vorallem Zeit sparen. Allerdings brauchen wir dazu in unserer Region ein schnelles, verlässliches, flächendeckendes Mobilfunknetz. Doch leider gibt es immer noch viele Gebiete, in denen es nicht einmal einen stabilen Handyempfang gibt.
Können sich Ärzte aussuchen, wo sie sich niederlassen?
Wo sie sich niederlassen, können Ärzte nur begrenzt entscheiden. Es gibt sogenannte Planungsbereiche, die zu berücksichtigen sind. Man wendet sich an die Kassenärztliche Vereinigung, die eine steuernde Funktion inne hat. Und manchmal, wie in meinem Fall, passen Bedarf und Absicht des Arztes zusammen.
Warum sind den Ärzten Privatpatienten lieber als Kassenpatienten?
Dieser Mythos stimmt nur bedingt und spielt in der Stadt eine größere Rolle als auf dem Lande. Grundsätzlich bekommen beide Patientengruppen die gleiche Qualität der medizinisch notwendigen Versorgung. Privatpatienten kaufen sich oft darüber hinaus weitere Services, die Geld kosten und höher honoriert werden. Aber auf dem Lande gibt es weniger Privatversicherte. Deswegen spielt hier dieser Unterschied keine Rolle. Wichtig ist die hohe Qualität der medizinisch notwendigen Versorgung. Und die ist für beide Patientengruppen gleich.
Raten Sie zum Impfschutz?
Ja, unbedingt. Deswegen muss man jedoch Impfskeptiker nicht gleich verlachen oder gar verteufeln. Aufklärung und individuelle Herangehensweisen sind in jedem Fall nötig und auch immer sinnvoll.
Bildunterschrift:
Dr. Jan Wilde: Hausärzte begleiten oft ganze Familien über viele Jahre – vom vier Wochen alten Säugling und dessen Eltern bis zu den über neunzigjährigen Großeltern. Foto: Heiko Wruck
Zur Person
„Ärzte sind mehr als bloße Gesundheitsdienstleister“, sagt Jan Wilde. „Sie sind Begleiter.“
Berufliches: 2004 - 2011 Studium der Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Thüringen; 2012 Promotion; 2012 - 2017 Assistenzarzt in Krankenhäusern und Praxen niedergelassener Ärzte; 2018 Facharzt für Allgemeinmedizin und Ultraschalldiagnostik in Plau
Privates: geb. 1984 in Lübz; aufgewachsen in Plau am See; 2004 Abitur in Lübz; seit 2009 verheiratet, eine Tochter (5), einen Sohn (8); Hobbys: handwerkliches Bauen und Werkeln, Schwimmen im Plauer See
Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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